Systemaufstellungen in Organisationen vorstellen

Abschlussarbeit von Anke Irmer, als PDF lesen


Was ist eine Organisation?

In dem Gabler Wirtschaftslexikon findet sich zu Organisation folgende Definition:

[…] das formale Regelwerk eines arbeitsteiligen Systems […] wenn mehrere Personen in einem arbeitsteiligen Prozess mit Kontinuität an einer gemeinsamen Aufgabe infolge eines gemeinsamen Zieles arbeiten. […].1

Vermutlich würden Mitarbeitende sinngemäß eine ähnlich Antwort geben.

Um organisationale Abläufe besser verstehen zu können, ist es für Aufstellungsleitende und für Mitarbeitende meiner Meinung nach auch sinnvoll zu verstehen und sich bewusst zu machen, was eine Organisation auf Systemeben ist:2

Ein System

Es entsteht automatisch, sobald sich mindestens zwei Menschen zusammentun.

Es beschreibt die Gesamtheit von allen Elementen (Menschen,Abteilungen, Produkte, Ziele, Budget, …), die in dem System miteinander verbunden sind und ein gemeinsames Ziel haben.

Die Verbindungen sind direkt oder indirekt und zwischen ihnen können Wechselwirkungen bestehen.

Etwas anderes als die Summe ihrer Elemente

Eine Organisation wird durch ihre Elemente gestaltet.

Sobald sie aber entstanden ist, stellt sie ein eigenständiges Ganzes mit eigenen Gesetzen und Regeln dar. Sie entwickelt ein Eigenleben.

Dieses besteht auch dann weiter, wenn die einzelnen Elemente ausgetauscht werden (vgl. einzelne Töne, die verschiedene Melodien erzeugen, je nachdem, wie sie miteinander kombiniert werden.

Diese Melodien stellen etwas anderes dar, als die einzelnen Töne und bleiben erhalten, wenn alle Töne verändert, z.B. oktaviert, werden).

Ein offenes System

Eine Organisation ist auf den Austausch mit ihrem Umfeld angewiesen. Ohne diesen Austausch kann sie nicht existieren.

Was sind die zwei Grundmerkmale einer Organisation?

Jede Organisation bildet bei ihrem Entstehen ihre Identität (Vision, Mission, Werte) heraus, deren Bestehen sie anhand von zwei Grundfunktionen sichern will:

Selbsterhalt

Von den Systemelementen (Mitarbeitende, Führungskräfte, Teams, Abteilungen, …) wird immer ein gleiches Verhalten an den Tag gelegt.

So soll sichergestellt werden, dass das System bleibt, wie es ist.

Denn dass das System so ist, wie es ist, verdankt es den vergangenen Handlungen seiner Elemente.

Weiterentwicklung

Ein verändertes Verhalten der Systemelemente ist Voraussetzung für den Selbsterhalt:

Denn alles innerhalb und außerhalb des Systems ändert sich andauernd, und darauf muss es kontinuierlich reagieren

Selbsterhalt geht nicht ohne Weiterentwicklung und umgekehrt. Das kann zu einem Dilemma führen.

Wie kann etwas bleiben, wie es ist, wenn man es weiterentwickeln soll?2

Wie funktioniert eine Organisation?

Für alle Organisationen als offenes System gelten dieselben vier Funktionsprinzipien.

Sie sind vergleichbar mit spezifischen Regeln eines bestimmten Spiels.

Wenn diese Regeln nicht von den Spieler*innen eingehalten werden, ist es auch nicht mehr dieses eine Spiel.

Das Spiel wird also durch die Regeln definiert und nicht durch die Spieler*innen.

Diese sind austauschbar, so wie die Mitarbeiter*innen einer Organisation.2

Komplexität

Je mehr Elemente eine Organisation umfasst, desto mehr sind diese nicht mehr nur direkt, sondern auch indirekt miteinander verbunden und voneinander abhängig.

Diese Komplexität kann reduziert und beherrschbar gemacht werden, indem z.B. Organigramme, Prozesse, Stellenbeschreibung eingeführt werden.

Nach außen kann die Komplexität durch eine einfache Identifizierbarkeit der Unternehmensmarke reduziert werden.

Gleichgewicht

Organisationen sind immer bestrebt, im Gleichgewicht zu sein. Dazu müssen sie vier Voraussetzungen erfüllen:

Stabilität & Sicherheit

Es existieren Strukturen und Prozesse, die eine kontrollierbare Leistungserbringung sichern und damit den stabilen Selbsterhalt gewährleisten.

Wachstum & Veränderung

Es existieren immer wieder Momente der Instabilität, damit sich eine Organisation von einem Zustand in den nächsten verändern und somit wachsen kann. Instabilität und Stabilität sind sich ergänzende Aspekte.

Regulation & Kontrolle

Durchgeführte Maßnahmen werden immer in Bezug auf das angestrebte Gleichgewicht analysiert, kontrolliert und bei Bedarf reguliert.

∙ Sinn & Kultur

Die Kultur einer Organisation beschreibt ihre Persönlichkeit, ohne die sie nicht denkbar ist. Hat das, was getan wird, Sinn & entspricht es der Vision?

Rückkopplung

Jede Handlung erzeugt eine positive oder negative Rückkopplung.

Positive Rückkopplung

besteht, wenn durch mehr noch mehr erzeugt wird.

Wenn z.B. ein Unternehmen mit einem Angebot Erfolg hat, besteht die Tendenz, mehr desselben anzubieten.

Positive Rückkopplung führt in der Regel zu einem exponentiellen Wachstum, das die Stabilität eines Systems in Rückkopplung mit seiner Umwelt in Gefahr bringen kann, da z.B. durch ein zu hohes Angebot die Nachfrage ausbleibt und als Folge dessen der Preis gesenkt werden muss.

∙ Negative Rückkopplung

schafft den Ausgleich für den Systemerhalt, indem z.B. das Angebot verknappt wird und sich somit die Angebotsattraktivität wieder erhöht.

 Selbstorganisation

Alle Elemente gestalten die Organisation mit.

Komplexität

Alle Elemente wirken direkt und indirekt aufeinander ein.

∙ Selbstreferenz

Die Elemente orientieren sich bei ihren Handlungen an vorherigen.

∙ Autonomie

Organisationen entscheiden immer selbstbestimmt und autonom, auch wenn sie auf äußere Umstände reagieren.

∙ Redundanz (Üppigkeit)

Funktionen können immer mehrfach besetzt werden, so dass das Fortbestehen auch dann gesichert ist, wenn ein Element wegfällt.

Welcher Ordnung folgt eine Organisation?

Jede Organisation folgt Ordnungsprinzipien, die alles regeln, was in dieser geschieht und geschehen soll.

Ohne diese Prinzipien kann eine Organisation nicht bestehen.2

Zugehörigkeit

Es besteht das Recht auf Zugehörigkeit, solange man vertragsmäßig dazu gehört. Einen lebenslangen Anspruch auf Zugehörigkeit gibt es nicht.

Anders als bei Familien. Ausgenommen sind auch Firmeneigner und CEOs.

Bindung

Es existieren spezifische Bindungskulturen. Durch deren Einhaltung ist das Miteinander verbindlich definiert und das Recht auf soziale Zugehörigkeit gegeben.

Ordnung

Im Wesentlichen gibt es zwei Ordnungstypen: Vertikale Hierarchieordnung und horizontale, sachzentrierte, (bzw. prozessorientierte) Ordnung.

Als Faustregeln gelten: Weisungsbefugte rangieren vor Weisungsgebundenen, Können und Kompetenz rangieren vor Alter oder Länge der Organisationszugehörigkeit.

Bei Gleichrangigen gilt der Vorrang derer, die früher in der Organisation waren – sowie nachgeordnet der Vorrang der Älteren vor den Jüngeren.

 Ausgleich

Es muss immer ein Ausgleich stattfinden zwischen den Menschen, Gruppen oder anderen Systemelementen.

Ein fehlender Ausgleich ist oft der Grund für Störungen in der Organisation.


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Fußnoten bis hierher (genaue Quellenangaben sind in der Original PDF zu finden)

1 Gabler Wirtschaftslexikon
2 Hartung, Stephanie (2018)
3 Bernhardt, Klaus (2016)