Abschlussarbeit von Maernet Secchi, als PDF lesen
Wenn eine Idee nicht zuerst absurd erscheint, taugt sie nichts.
Albert Einstein
Einführung
Es gibt Menschen, die dazu neigen nur an realistischen Ideen fest zu halten, und verwerfen die „verrückten“ sofort.
Sie zweifeln, ob ein Traum zu absurd oder realisierbar ist, haben Ängste und fragen sich:
Was ist, wenn ich scheitere?
Die Umsetzung erscheint schlichtweg unmöglich.
Im Berufsleben ist Vielen folgendes Szenario bekannt:
Man sitzt in einem zähen Teammeeting, wo man trotz zahlreichen Brainstorming-Runden oder vielen Mindmaps mit einer bestimmten Aufgabe einfach nicht weiterkommt.
Entweder weil absurd klingende Ideen den Einwänden kritischer Kollegen nicht standhalten, oder weil durch Denkblockaden erst gar keine Ideen aufkommen.
Ich erkenne mich in beiden Szenarien wieder:
Ich traue mich oft nicht Visionen, die absurd klingen, in die Realität um zu setzen, und ich saß auch schon frustriert in Meetings, weil das Team uninspiriert war oder nur ineffektive Ideen entstanden.
Als ich das erste Mal von der Walt-Disney-Methode erfahren habe, war ich begeistert von der Möglichkeit in unterschiedliche Rollen zu schlüpfen und eine Idee aus drei Blickwinkel zu betrachten.
Sie erlaubt einem als Einzelperson seinen Visionen und Träumen unbegrenzt nachzugehen, sie dann realistisch und anschließend kritisch zu betrachten
und hilft einem Team aus unterschiedlichen, sich hilfreich ergänzenden Perspektiven nützliche Erkenntnisse zu gewinnen.
In den nachfolgenden Seiten widme ich mich dieser Methode, erkläre woher der Begriff stammt, und erläutere die unterschiedlichen Rollen und die Vorgehensweise.
Im letzten Teil der Abschlussarbeit gehe ich auf die Einsatzbereiche der Methode ein und zeige die Vor- und Nachteile auf.
Begriffserklärung
Bei der Walt-Disney-Methode (engl. Disney method) handelt es sich um eine Kreativitätstechnik, bei der eine Person oder mehrere Teilnehmende in unterschiedlichen vorgegebenen Rollen schlüpfen, und eine Idee, Fragestellung oder ein Problem aus verschiedenen Perspektiven betrachten.
Sie greift auf Robert B. Dilts zurück, einem Berater im Bereich des Neuro-Linguistischen Programmierens (NLP), Autor und Trainer, der aus den Aufzeichnungen von Walt Disney diese Methode ableitete und über den berühmten Filmproduzenten schrieb:
.. there were actually three different Walts:
the dreamer, the realist,and the spoiler 1
An diesen drei Persönlichkeiten orientierte sich Dilts bei der Konzeption seiner DisneyStrategie.
Durch die unterschiedlichen Blickwinkel wie die des Träumers, Realisten und Kritikers kann in dieser Art von Rollenspiel ein Thema ganzheitlich betrachtet, diskutiert und gelöst werden, so dass man von einer Vision zur konkreten Umsetzung gelangt.
Disney selbst habe die Strategie zwar nicht direkt als Arbeitsmethode, sondern stattdessen als Brauch in den Studios angewendet. Es heißt, dass die Mitarbeiter oft unsicher waren, ob sie heute ihren Chef als Träumer, Realist oder Kritiker begegnen würden.
Disney soll sogar so weit gegangen sein, dass er drei unterschiedlich eingerichtete Räume für die jeweilige Rolle in seinem Haus gehabt habe.
Die Rollen
Durch eine Trennung der Rollen und Konzentration auf die jeweilige Sicht wird es möglich, alle zu einer Idee gehörenden Aspekte einzeln zu beleuchten und Überlagerungen der Rollen zu verhindern.
So verhindert man das „kreative Chaos“, das bei einer kreativen Lösungsfindung oft einhergeht.
Der Träumer
Der Träumer ist für Ideen, Richtungen und Visionen zuständig, und entwirft entsprechende Zukunftsbilder.
Er ist stets inspirierend und bleibt subjektiv und motiviert, ohne eine Wertung über das Ziel abzugeben. Er geht davon aus, dass alles möglich ist, sieht keine Risiken und Probleme, sondern geht von einer idealen Welt aus.
Mögliche Fragen, die man sich in dieser Rolle stellen kann:
• Wie sieht die ideale Situation aus?
• Was ist mein Traum dazu?
• Was fällt mir Verrücktes und Ausgefallenes dazu ein?
Der Realist
Der Realist ist vor allem rational orientiert und überprüft das Zukunftsbild des Träumers.
Er betrachtet das Thema von der praktischen Seite, hinterfragt die Umsetzung und zeigt notwendige Arbeitsschritte, Voraussetzungen und gegeben falls Alternativen auf. So entwickelt er einen konkreten Plan für die Realisierung der Ideen und Vision des Träumers. Dabei denkt systematisch und ermittelt die wichtigsten Schritte, teilt ein Ziel und Unterziele auf, legt Aufgaben fest und verteilt diese.
Mögliche Fragen, die man sich in dieser Rolle stellen kann:
• Was wird für die Umsetzung benötig?
• Wie kann realisiert werden, was der Träumer sich ausgedacht hat?
• Was muss getan oder gesagt werden?
Der Kritiker
Der Kritiker überprüft die Vorstellungen des Träumers und Realisten und hinterfragt sie.
Er zerlegt Ideen, bringt sie wieder zusammen, und gibt konstruktive und positive Kritik. Er beleuchtet den bisher entwickelten Plan, und überprüft, ob irgendetwas vergessen wurde und ob es Umstände und Einflüsse gibt, die durch Durchführung des Planes verhindern könnten.
Der Fokus liegt darauf, was realistisch umsetzbar ist und was nicht. So kommen eventuelle Schwachstellen zum Vorschein und der Nutzen des Zieles wird hinterfragt.
Mögliche Fragen, die man sich in dieser Rolle stellen kann:
• Kann das realisiert werden?
• Was ist möglich und was kann nicht funktionieren?
• Welche Chancen und Risiken müssen beachtet werden?
• Was könnte verbessert werden?
• Was wurde übersehen
Die Vorgehensweise
Die Walt-Disney-Methode ist praktisch anwendbar und kann sowohl von Einzelpersonen als auch von mehreren Teilnehmern durchgeführt werden.
Hierbei gibt es drei Möglichkeiten der Umsetzung:
-
- Ein Teilnehmer durchläuft alleine die unterschiedlichen Rollen hintereinander.
- Ein Team aus mehreren Teilnehmenden durchläuft gemeinsam alle drei Rollen nacheinander.
- Drei Kleingruppen werden jeweils einer Rolle zugeteilt und diskutieren im Anschluss über die Ergebnisse der verschiedenen Gruppen.
Damit sich die Teilnehmenden besser in die jeweilige Perspektive hineinversetzen, ist es sinnvoll, in einem Raum drei verschiedene Bereiche zu definieren.
Die Minimalversion wäre die Verwendung von drei unterschiedlichen Sitzgelegenheiten in den verschiedenen Ecken eines Raumes.
Die aufwendigere Alternative ist die Gestaltung unterschiedlicher Räume, die entsprechend der Rollen dekoriert werden.
Unabhängig davon, ob die Strategie alleine oder in einem Team angewendet wird, ist es für eine erfolgreiche Durchführung wichtig, immer in der jeweiligen Rolle zu bleiben und Ideen beispielsweise nicht schon in der Träumer-Phase zu bewerten oder kritisch zu hinterfragen.
In der Walt-Disney-Methode steht trotz der unterschiedlichen Rollen, die die Teilnehmenden einnehmen, die Teamarbeit im Vordergrund.
Nur durch gegenseitiges Unterstützen lassen sich aus den unterschiedlichen Perspektiven gemeinsame Antworten finden.
Des Weiteren sollte so klar wie möglich definiert werden, für welches Thema oder Fragestellung mit der Walt-Disney-Methode eine Lösung gesucht werden soll, bevor im Anschluss die einzelnen Rollen des Träumers, Realisten und Kritikers von den Teilnehmenden eingenommen werden. Lesen mehr zum Thema in Business-Coaching-Basis.
1 John Martin, Ros Bell, Eion Farmer: B822 – Technique Library. The Open University, Milton Keynes (USA) 2000 (SUP 50139 5)