Vätercoaching
Abschlussarbeit von Carsten Rodacker, als PDF lesen
1 Einleitung
Bereits mit Beginn der systemischen Coaching Ausbildung änderte bzw. verfeinerte sich mein Weg und mein Ziel, wofür ich ursprünglich dachte die Ausbildung zu benötigen.
Anhand dieser Arbeit möchte ich veranschaulichen, wie sich von Modul zu Modul meine Gedanken verändert haben und wie ich die einzelnen Elemente der Ausbildung in meinen Kontext eingebaut habe.
Dabei ist mir wichtig zu erwähnen, dass sich mein eigentliches Ziel nicht verändert hat.
Nämlich das Zusammenarbeiten mit Männern (Ehemännern und Vätern), damit im Zusammenleben mit der Partnerin als Eltern, die Kinder letztlich diejenigen sind, die von einem harmonischerem Familienalltag profitieren.
Denn als Familientherapeut arbeitet man meiner Meinung nach nur an den Symptomen von Problemen, nicht an der Ursache.
Auch wenn die Arbeit an Symptomen für die spätere Familienberatung, also wenn man schon als Familie seit einiger Zeit den Alltag lebt, sehr wichtig ist, so entsteht die Ursache für ein glückliches Familienleben früher….
Und zwar in der gefestigten und gleichwürdigen Partnerschaft, aus der erst die gemeinsamen Kinder hervorkommen.
Allerdings haben sich viele Seitenwege, zusätzliche Wege und Vertiefungen für meine zukünftige Arbeit als Vätercoach, Familiencoach und Familienberater ergeben, auf die ich ohne diese Ausbildung zum systemischen Coach wohl nicht gekommen wäre.
Ursprünglicher Zeitpunkt für eine Kontaktaufnahme mit Männern war daher ein Geburtsvorbereitungskurs ausschließlich für werdende Väter.
Heute würde ich sagen, dass ich die von mir angestrebte Arbeit ohne diese Ausbildung gar nicht mehr vorstellen kann.
Ich sehe die systemische Coaching Ausbildung sogar als elementare Grundlage für die Zusammenarbeit mit Familien.
Vor der Ausbildung
Auch wenn mein ältester Sohn bereits 21 Jahre alt ist, so beschäftige ich mich mit dem Thema „Familie bzw. Familienberatung“ intensiv erst seit ca. 10 Jahren.
Dafür habe ich mehr als 100 Hörbücher gehört und mich immer mehr für das Thema begeistern können.
In einem von mir selbst absolviertem Väterseminar mit dem Titel „Mann und Vater sein“ (Titel eines Buches des dänischen Familientherapeuten Jesper Juul) war die Begeisterung an der Arbeit mit Männern/ Vätern so groß, dass ich mich selbst dazu entschieden habe, irgendwann einmal mit Männern zusammenzuarbeiten.
Da ich das aber eher als eine Arbeit in beratender Funktion sah, dachte ich mir dies erst im Alter Ü55 zu machen, weil mir die Vorstellung dazu fehlte.
Nachdem ich dann zum 3. Mal Vater wurde und wieder an einem Seminar für Eltern teilnahm wusste ich, dass ich nicht so lange warten und parallel zu meinem jetzigen Beruf bereits in irgendeiner Form starten will.
Den damaligen Seminarleiter fragte ich, was ich denn tun muss, damit ich auch einen solchen Job wie er machen kann?!
Er inspirierte und ermutigte mich dazu und sagte mir, dass er ebenfalls erst in meinem Alter (zu diesem Zeitpunkt 45) begonnen hat, seine Ausbildung zu starten.
Auf meine Frage was ich genau brauche, um ggfs. von ihm weiter ausgebildet zu werden, gab er mir 2 Möglichkeiten zur Grundlage bzw. was ich als Basis benötige. Entweder eine Ausbildung zum Heilpraktiker in Psychotherapie oder…
eine systemische Coaching Ausbildung.
Heilpraktiker kam für mich nicht in Frage. Also blieb noch die Coaching Ausbildung.
Bis zu diesem Zeitpunkt wusste ich tatsächlich nicht was das bedeutet und was dahintersteckt.
Also habe ich mich im Internet informiert, wo ich eine solche Ausbildung absolvieren kann, und bin dabei auf InKonstellation gestoßen.
Zwischenzeitlich bin ich zum 4. Mal Vater geworden und habe dann kurz nach meinem 47. Geburtstag mit der Ausbildung in Köln begonnen.
Start der Ausbildung
Modul 1 – Willkommen
Im 1. Modul habe ich erstmals verstanden, warum die Coaching Ausbildung „systemisch“ genannt wird und was es mit einem System in Bezug auf eine Person auf sich hat.
Allein der Gedanke, dass in meinem Fall ein Mann nicht allein zu mir kommt, sondern im „Gepäck“ immer sein eigenes System mitbringt (die Beziehungen zu z.B. seiner Partnerin, seinen Eltern, seinem Arbeitgeber, seinen Freunden usw.), fand ich sehr spannend.
Dadurch wurde mir sofort bewusst, dass meine Herangehensweise an die Männer/ Väter für meine zukünftige Arbeit eine andere sein wird, als ich eigentlich dachte.
Meine ersten Gedanken weit vor meiner Ausbildung gingen eher in eine „beratende“ Rolle.
Bereits da musste ich mich häufiger kritisch hinterfragen, weil mir bewusst war, wie schwierig es werden könnte auf junge Männer „belehrend“ zu wirken.
Ich verglich das für mich mit der Rolle von jungen Eltern, die von ihren eigenen Eltern ständig Ratschläge erhalten.
Dies verbirgt in den meisten Fällen reichlich Konfliktpotential.
Wie ich nun erfahren durfte, ist das Besondere an der systemischen Coaching Ausbildung, eben nicht belehrend und beratend zu sein, sondern durch geschickte Fragestellungen mein Gegenüber, im Hinblick auf sein eigenes System, selbst auf eine Antwort zu bringen.
Die Besonderheit bereits selbst die Antwort zu wissen, ist mit solch einer großartigen Erkenntnis verbunden, damit das Ergebnis nicht nur oberflächlich abgespeichert wird, sondern langfristig für Veränderungen sorgen kann.
Ebenso habe ich gelernt, dass ich in meinem eigenen System nur die Möglichkeit habe etwas an mir selbst zu ändern.
Andere Menschen kann ich nicht ändern.
Jedoch kann ich durch eigene Veränderung das gesamte System verändern, und somit vielleicht doch zu einem gewünschten Ergebnis gelangen.
Diese Erkenntnis gefiel mir sehr gut. Und ich hatte sofort vollkommen andere Einfälle, wie ich einen „Geburtsvorbereitungskurs für Männer“ gestalten kann.
Modul 2: Grundlagen
Da ich im Hinterkopf für die Kontaktaufnahme mit werdenden Vätern an Geburtsvorbereitungskurse in Form von Workshops gedacht hatte, passte das Grundlagenmodul zuerst nicht so in meine Vorstellungen.
Jedoch wurde mir schnell klar, dass ja schon bereits während oder direkt nach einem Workshop Themen bei Teilnehmern aufkommen können, die ein Coaching erfordern.
Mit dem „Coaching-Haus“ bekam ich sofort einen guten Leitfaden an die Hand, wie ein solcher Kontakt ablaufen könnte.
Hier begriff ich, wie wichtig es ist, seinem Klienten den benötigten Raum zu geben und ihn sprechen zu lassen.
Aktives Zuhören bekam für mich eine andere und neue Bedeutung.
Die „Haltung als Coach“ ist eine der wichtigsten Werte, welche ich mir immer wieder vor Augen halte. Das wurde in diesem Modul nochmal ausführlich mit allen Teilnehmern erarbeitet.
Eben dieses „Erarbeiten“ von uns selbst hat mir nochmal gezeigt, dass auch wir die Antworten darauf eigentlich schon selbst wissen.
Meine Lieblingsübung aus diesem Modul war „Der schlechteste Coach der Welt“.
Ich war in dieser Übung der Coachee und habe trotz Wissen, dass es humorvoll gestaltet werden sollte, verspürt welches Unbehagen sich in mir breit machte.
Mein gestellter „schlechter Coach“ war abwesend, hörte nicht richtig zu, schaute ständig weg und ließ sich sehr oft ablenken.
Das war ein sehr unschönes Gefühl und hat mir einen Gedanken geschenkt, den ich dann im nächsten Modul vervollständigte.
Auch wenn aus heutiger Sicht schon alles in diesem Modul erläutert wurde, was man als Basis für ein Coaching braucht, so mussten meine Gedanken an all diese Vorgaben erstmal reifen und letztlich durch praktische Übungen gefestigt werden.
Ein großer Fragenkatalog für das Coaching-Haus und die entsprechenden Räume vereinfachten zu Beginn ein Coaching selbst zu führen und nahmen die Sorge den Faden zu verlieren.
Dieser Leitfaden mit Fragen ist auch heute immer noch eine große Hilfe sich auf ein Coaching vorzubereiten.
Anhand einer Übung mit der Inkonst1-Methode (ein Mnemon/ Gedächtnisstütze) wurde dann mein Bild von meinem Ziel als „Väter-Coach“ wieder in den Fokus gerückt und ich konnte mit großer Begeisterung dem 3. Modul entgegenfiebern.
Modul 3 – Fragen
Bereits im Grundlagenmodul haben wir zwar mit Fragen gearbeitet, jedoch wurde mir hier verdeutlicht, wie machtvoll Fragen sein können und wie fein sie sich manchmal unterscheiden.
Beispielsweise kann man mit geschlossenen Fragen, welche nur mit Ja oder Nein beantwortet werden können, kein Gespräch führen und man verhindert bei seinem Gegenüber Denkprozesse anzuregen.
Mit offenen Fragen erfahren wir mehr für ein gelingendes Coaching.
Auch hier wurde nochmal das aktive Zuhören in den Fokus gerückt, um ein gutes Vertrauensverhältnis zum Klienten/ Coachee aufzubauen und um die entsprechenden Fragen für den Kontakt und das gewünschte Ziel zu stellen.
Für meine Arbeit mit Vätern schossen mir diesbezüglich einige Fragen in den Kopf, mit denen ich bspw. den Blickwinkel ändern kann.
Im Hinblick darauf, wie man z.B. als junger Vater das Familienleben stärken und die enge Bindung zu seiner Partnerin und Mutter des gemeinsamen Kindes halten und vertiefen kann, fiel mir eine paradoxe Frage ein:
Was müsstest Du als junger Vater tun, um bereits nach wenigen Monaten deiner Vaterschaft es vollends zu verkacken?
Gerade mit mehreren Männern in einem Workshop bin ich mir sicher, dass da bei einem Perspektivwechsel reichlich Vorschläge kommen, die letztlich dazu führen, dass man diese „Not-to-Do’s“ abspeichert und tiefer wirken, als wenn man belehrend vorträgt, was man alles nicht tun darf.
Diese Art mein Anliegen mit einer humorvollen Art selbst aus den Männern herauszuholen, gefiel mir sehr gut.
Als Spezialthema in diesem Modul erarbeiteten wir, dass in einem Coaching natürlich auch ureigene Gefühle ausgelöst werden können. Genau dieser Aspekt inspirierte mich im Hinblick auf das Arbeiten mit mehreren Männern, da auch bei Geschichten anderer immer etwas in einem selbst getriggert wir.
Ich selbst habe das in meinem eigenen Väterseminar erfahren dürfen.
Die Geschichten anderer helfen bei der Projizierung und Reflektion auf die eigenen Themen.
Zusammengefasst hat mir dieses Modul mit den unterschiedlichsten Fragenarten gezeigt, dass ich meine Erfahrung als 4-facher Vater gar nicht brauche, sondern mit geschickter Fragestellung andere Männer dazu inspiriere das richtige für sich selbst zu finden.
Sollte jemand nach meinen persönlichen Erfahrungen fragen, kann ich dies ja immer noch tun, wenn ich möchte.