Abschlussarbeit von Karin Struck, als PDF lesen
Titel meiner Hausarbeit und die Erläuterung dazu
Im Laufe der Ausbildung und der Übungscoachings habe ich gelernt, dass vordergründig ein Business- Thema im Fokus steht – und dahinter ein ganz anderes, persönliches Thema liegen kann.
Das Thema hinter dem Thema
Somit sehe ich es als meine Aufgabe, anhand der systemischen Fragen dem Klienten* zu helfen, sein ‚echtes’ Ziel zu finden.
Mein Fokus war und ist, Menschen (*jeder Orientierung und in all ihrer Vielfalt*) in fachlicher Hinsicht und mit ihrer Persönlichkeit an den für sie genau passenden Arbeitsplatz zu bringen.
In meiner Wahrnehmung führt eine mit Freude und innerer Anteilnahme ausgeführte Arbeit zu den besten Ergebnissen für Menschen und Unternehmen.
Im Folgenden soll beschrieben werden, wie im Zuge eines Business Coachings das definierte Ziel ins Privateben verlagert wurde und somit die ursprüngliche Zielsetzung neu priorisiert wurde.
Wer bin ich – und wie begab ich mich auf den Weg?
Mein Name ist Karin, ich bin 58, als selbstständige Personalberaterin tätig.
In meinem beruflichen und persönlichen Leben hatte ich die Chance, vielfältige Kompetenzen zu erwerben, z.B. im Vertrieb, in den Bereichen Marketing, Employer Branding und Rekrutierung.
Persönlich mache ich meine Entwicklung an der Begegnung mit Menschen fest, die mich anregen, reflektieren, konstruktiv kritisieren und nicht zuletzt als Mensch annehmen.
Die Chance der beruflichen Neuorientierung, gepaart mit intensiver Recherche und konstruktivem Feedback, haben mich zum Ausbildungsgang „Systemisches Coaching“ geführt.
Damit entdeckte ich eine wichtige Säule, die im Berufs- und Privatleben gesammelten Erfahrungen, um systemische Inhalte zu ergänzen.
So kann ich in den Dialog mit zukünftigen Auftraggebern und Kandidaten gehen – unterstützend, empathisch und ergebnisorientiert.
Das ist mein nächstes berufliches Ziel:
Coaching-Methoden in meine Tätigkeit als Personalberaterin zu integrieren – als zusätzliche Kompetenz in der 360 Grad Betreuung meiner Kandidaten und Auftraggeber.
So unterstütze ich sie idealerweise bei der Erweiterung ihres persönlichen Horizontes und einer neuen, selbstschätzenden Einstellung.
Hierbei gehe ich davon aus, dass die Einstellung zur eigenen Persönlichkeit eine positive Auswirkung auf die psychische und physische Gesundheit des Menschen, und damit auf seine Selbstwahrnehmung hat.
Dadurch kann sich die Chance auf neue und vielleicht unerwartete berufliche Perspektiven ergeben.
Fragestellung – Beispielhafter Coachingprozess
(Ziel, Auftrag, Methoden und Feedback zur Zielerreichung)
Wie bringe ich die aus der Ausbildung zum Systemischen Coach erworbenen Techniken und Fähigkeiten ein, um die vorgenannten Ziele für Menschen und Unternehmen zu erreichen?
Dies erläutere ich anhand eines beispielhaften Coachingprozesses.
Mein Coachee: Eine Frau, 35 Jahre, verheiratet, zwei Kinder, Vollzeit berufstätig in einer technischen Führungsfunktion.
Unsere Gespräche fanden coronabedingt im Freien statt. Wir gingen in einem Park spazieren.
Im Auftaktgespräch haben wir schnell festgestellt, dass wir auf der persönlichen Ebene miteinander arbeiten können und möchten. Die Coachee hatte eine klare Vorstellung, worüber sie mit mir sprechen wollte.
Sie benötigte Unterstützung bei einer Entscheidung für oder gegen den bestehenden Job. Das von ihr definierte Ziel war, diese Entscheidung treffen zu können.
Von der Klientin als hilfreich empfunden wurde die Darstellung der Rahmenbedingungen, die ich ihr aufzeigte.
Meine Darstellung umfasste die Dauer, die Struktur, die Vorgehensweise des Coachingprozesses und eine kurze Erläuterung des Systemischen Coaching Modells sowie die Erklärung des Begriffes „System“ unter Bezugnahme auf das System Mensch, zudem Beispiele von Systemen, in denen wir agieren.
Im Zuge meiner Erläuterungen habe ich auch das GROW Modell (*Nach G. Alexander und dann Sir J. Whitmore) als Mittel zur besseren Strukturierung des Coaching angesprochen.
Dann nahm ich Bezug auf Situationen und Interventionen, die in verschiedenen Stadien des Coachings möglicherweise entstehen können.
Ich habe für diese Bezugnahme verschiedene Methoden und Begriffe angesprochen; die Verwendung von Bildern, spezifische Frageformen und -techniken (ohne diese näher zu erläutern).
Damit holte ich sie dahingehend ab, dass sie sich für den Prozess und die Anwendung verschiedener Methoden komplett offen zeigte.
(Ich nutze u.a. gerne die Morning Power Questions, basierend auf A. Robbins)
Dann stellte ich – um den eigentlichen Coaching-Prozess einzuleiten – zwei Fragen:
Welches Thema hast du heute mitgebracht?
Was wünscht du dir von mir?
So wollte ich sie motivieren, den Anlass des Coachings, das Thema bzw. ihr Ziel, noch einmal klar für sich zu formulieren.
Im weiteren Verlauf des Coachings rückte jedoch das anfänglich klar formulierte Ziel immer weiter aus dem Fokus.
Ihr ursprünglicher Auftrag an mich lautete konkret:
Ich benötige Unterstützung bei der Entscheidungsfindung, in der aktuellen Situation zu verbleiben oder mich beruflich neu zu orientieren.
Als zusätzlichen Wunsch wollte sie an der Frage arbeiten, wie sie, falls sie bleibt, eine neue Kommunikationsbasis mit ihren Vorgesetzten findet.
Ich bat sie, mir in ihren eigenen Worten von ihrem Job zu erzählen, und regte an, sich Zeit zu nehmen und sich ihr aktuelles „Jobgefühl“ zu vergegenwärtigen.
Die Coachee wurde so im Sinne der narrativen Methode in einen Zustand versetzt, in dem sie sich geschätzt und im Zentrum meiner Aufmerksamkeit fühlte.
Dem Coachee zu vermitteln, dass sie bei mir alles aussprechen kann – in einem geschützten Raum und völlig wertfrei von meiner Seite – ist in meiner Wahrnehmung eine wichtige Voraussetzung zur Stärkung des Vertrauensverhältnisses.
Zudem steht dies meiner Meinung nach für eine der wichtigsten Säulen des Systemischen Coachings.
Ganz zurückgenommen, sorgfältig zuhörend und mit intensiver Wahrnehmung von Nuancen oder Nebensätzen, konnte ich der Coachee den Raum geben, ihre Gedanken frei zu formulieren.
Die Coachee beschrieb ihr berufliches Thema anhand mehrerer Situationen mit ihrem Vorgesetzten. In diesen Situationen fühlte sie sich in ihrer beruflichen Rolle als Frau nicht ernstgenommen und empfand die Ansprache durch Ihren Vorgesetzten als vorwiegend herablassend.
Auf meine diesbezügliche Frage beschrieb sie eine typische berufliche Situation.
Diese Schilderung zeigte mir, sowohl verbal als auch anhand ihrer Körperspannung, Kopfhaltung, ihrer Stimmlage und Lautstärke, dass sie sich sehr intensiv in die Situation und damit ins Gefühl begab.
Anhand der beobachteten körperlichen Reaktion und einer spürbaren Emotion empfand ich die Notwendigkeit einer Intervention. Ich wollte die Coachee aus der offenbar so negativ empfundenen Situation, ihrem Problem und der damit verbundenen Emotion, herausführen.
Ich unterbrach sie behutsam und führte sie zur Wahrnehmung der Umgebung, bat sie, durchzuatmen und die warme Sonne auf ihrem Gesicht zu spüren.
Sie atmete tief durch, die Augen geschlossen, das Gesicht der Sonne zugewandt.
Ich gab ihr die Zeit, bis sie sich wieder in das Gespräch zurückbrachte.
Mittels der Reframing-Technik stellte ich ihr dann die Frage, was ihr an ihrem Job besonders gut gefiele. Sie erzählte erkennbar lebhaft von ihrem Team, Inhalten und dem Freiraum, den sie genoss. Daraufhin änderte sich ihre Körperhaltung, die Schultern fielen locker herunter, die Mimik wurde von mir – anders als vorher – deutlich entspannter wahrgenommen.
Mein Eindruck, dass sie nun auf mich ganz anders wirkte, konnte ich positiv formulieren.
Sie bestätigte es mir und beschrieb, dass sie sich ruhiger fühlte und die Schilderung der Situation in ihr etwas ausgelöst habe.
Durch meine Nachfrage wie genau sich dies anfühle, beschrieb sie ein positives und auch etwas überraschendes Gefühl – nämlich, dass es sich nun gar nicht mehr so schlimm anfühlen würde.
Mein Ansatz an der Stelle war meine Bitte, das noch einmal neu zu formulieren, mit einer positiven Konnotation.
Im Anschluss an meine Bitte nahm ich bei meiner Klientin eine Veränderung wahr.
Sie begann zu lachen und formulierte erneut eine empfundene Überraschung, die für sie in einer neu gewonnenen Erkenntnis mündete. Diese Erkenntnis war, dass die Jobsituation an sich ja „ganz okay“ sei und sich ihr negatives Gefühl ausschließlich auf das Verhalten ihres Chefs bezog.
Ihr Fazit war, dass bisher die negativ empfundene Begegnung mit ihrem Vorgesetzten das vorwiegend positive empfundene „Jobgefühl“ überdeckte. Hier erkannte ich erneut wie wichtig es ist, immer wieder vertiefend nachzufragen, auch wenn der Eindruck entstanden ist, die Klientin hätte die Situation bereits umfassend beschrieben.
Diese Phase des Prozesses bestätigte meine Erfahrung aus einem der Coaching Module. Wenn der Mensch wortreich und flüssig eine Situation beschreibt, bewegt man sich auf einer Ebene, die schon bekannt ist.
Wenn dann nachgehakt bzw. eine neue Frage formuliert wird, wird ein neuer Denkprozess angestoßen.
Der Output kommt zeitversetzt – es werden neue Erkenntnisse formuliert, die sich bisher nur auf der unbewussten Ebene befunden haben.