Systemisches Coaching – Eine Einführung

Abschlussarbeit von Bettina Acs, als PDF lesen


The freedom to see and hear what is here, instead of what “should” be, was, or will be.
The freedom to say what you feel and think, instead of what you “should” feel and think.
The freedom to feel what you feel, instead of what you “ought” to feel.
The freedom to ask for what you want, instead of always waiting for permission.
The freedom to take risks on you own behalf, instead of choosing to be only “secure”.

(Five Freedoms, Dr. Virginia Satir)1

Motivation und Einleitung

Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit dem Thema „Systemisches Coaching“.

Dabei wird die Fragestellung untersucht, wie Menschen ihre eigenen Ressourcen nutzen und kreativ wählen können, um sich durch nachhaltige Selbstorganisation selbst zu führen

(in diesem Zusammenhang bedeutet Führung die Aufrechterhaltung der Verbindung zwischen den Systemelementen einer Organisation. Dem Führenden eines Systems wird gefolgt, wenn alle Beteiligten in einer guten Verbindung sind).2

Zunächst erfolgt eine kurze Einführung in das Systemische Coaching. Anschließend wird das Coaching-Verständnis der Neuen Hamburger Schule (NHS) erläutert, sowie der von der NHS entwickelte Coaching-Prozess näher betrachtet.

Dabei wird an Hand eines Praxisbeispiels veranschaulicht, wie das Systemische Coaching in der Praxis eingesetzt werden kann.

Zum Schluss erfolgt ein kurzer Ausblick darüber, welche Bedeutung das Systemische Coaching hat und welche Chancen bzw. Risiken sich daraus für Coachings ergeben.

Einführung in das Systemische Coaching

Das Systemische Coaching findet seinen Ursprung in der systemischen Therapie bzw. in der systemischen Familientherapie.

Diese wurde von der Mailänder Schule (Mara Selvini), Salvador Minuchin, Murray Bowen, Ivan Boszormenyi-Nagy, sowie von der bedeutenden Familientherapeutin Virginia Satir sowie Jay Haley vom Mental Research Institute (MRI), Palo Alto, entwickelt.3

Der berühmte Anthropologe, Sozialwissenschaftler und Kybernetiker Gregory Bateson entwickelte die Systemische Therapie auf Basis der Kybernetik weiter.

Dabei wird unter Kybernetik in diesem Zusammenhang die Untersuchung der Struktur, der Beschränkungen und der Möglichkeiten von Systemen verstanden.4

Nachdem Bateson sich in den 1970er Jahren dem MRI in Palo Alto anschloss, führten die gemeinsamen Arbeiten schließlich zum Durchbruch für die systemische Therapie und für das Systemische Coaching im Business-Kontext.5

NLP greift auf eine Vielzahl systemischer Wirkelemente zurück.6

So haben Bandler und Grinder als Begründer des NLP wesentliche Erkenntnisse von Bateson‘s Systemischer Theorie übernommen:

Das menschliche Gehirn, der Körper sowie die Gefühle entsprechen einem Muster aus Zusammenhängen oder kybernetischer Verknüpfungen zwischen interner Erfahrung, Sprache, Verhalten und der externen Welt7

Systemisches Coaching wird heute als Form der individuellen Prozessberatung angewendet.

Handle stets so, dass die Anzahl der Möglichkeiten wächst
(Heinz von Förster)8

Im Sinne des ethischen Imperativs des berühmten Physikers und Mitbegründers der kybernetischen Wissenschaft, Heinz von Förster, bietet das Systemische Coaching dem Klienten neue Ideen und Handlungsoptionen.9

Es fragt danach, was gemäß dem geltenden Werteverständnis gemacht werden darf oder kann.10

Soziale oder lebende Systemen haben eine nützliche Eigenschaft: sie können aus sich heraus neue Strukturen entwickeln, sich verändern und wieder stabilisieren.11

Der Systemische Coach wirkt als Begleiter des Klienten, der während der gesamten Zeit der Experte für sein Thema bleibt und selbst bestimmt, in wie weit er sich verändern möchte. Der Systemische Coach bleibt in seiner Rolle als Begleiter neutral, stellt gezielte Fragen zur Methodik und reflektiert die Antworten.

Damit ist er der Experte für die Initiierung notwendiger Prozesse innerhalb des Coachings und verantwortet eine aktive Kommunikation12

Systemisches Coaching der Neuen Hamburger Schule (NHS)

Verständnis des Systemischen Coachings der NHS

I want to empower people, so that they can do their own work

Dr. Virginia Satir

Auf Virgina Satir’s Leitsatz basiert die Grundannahme des Systemischen Coachings der Neuen Hamburger Schule (NHS):

Der Coachee kann es selbst.13

Nach dem Coaching-Verständnis der NHS wird es dem Klienten mit Hilfe des Coaching-Prozesses ermöglicht, sich in seinem thematischen Kontext selbst zu analysieren, sowie selbst Handlungsalternativen zu entwickeln, die ihm bzgl. der Umsetzung seines Veränderungswunsches in Zukunft unterstützen.14

Die NHS geht davon aus, dass eine Selbstorganisation des Klienten nur dann gegeben sein kann, wenn die folgenden Werte erfüllt werden:

 

(1) Freiheit

„Der Mensch entscheidet zu jeder Zeit selbst, was mit seinem Coachingthema zusammenhängt, welches Ziel festgelegt wird, ob die Folgen einer Veränderung akzeptabel sind, welche Ressourcen zur Zielerreichung genutzt werden und wie die daraus resultierenden Handlungsalternativen, einschließlich des Controlling aussehen.
Der Coach verzichtet (im Coaching) sowohl auf jede Form der Bewertung von Person, Situation und Verhalten als auch auf jede Form der bewussten Beeinflussung.“15

(2) Vertraulichkeit

„Jede Wiedergabe des vom Coach im Coaching Wahrgenommenen an andere entspräche einer konstruktivistischen Interpretation.
Eine Informationsweitergabe an andere kann nur durch den Coachee (bzw. die gecoachte Gruppe) selbst erfolgen.“16

(3) Ressourcenverfügung

„Der Coachee bzw. die gecoachte Gruppe hat selbständigen Zugriff auf die Ressourcen, die zur Veränderung der Selbstorganisation verwendet werden können.“17

(4) Selbststeuerung

„Der Coachee bzw. die gecoachte Gruppe ist in der Lage, Veränderungsanforderungen selbst zu erkennen, zu bewerten und Veränderungen zu realisieren.“18


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Quellen bis hierher
1 https://blogs.psychcentral.com/relationships/2011/05/the-five-freedoms-of-becoming-more-fully-human-%E2%80%93-virginia-satir-mental-health/, Abruf 01.10.2018
2 https://systemische-gesellschaft.de/wp-content/uploads/2016/03/Syst_Denken_im_Fuehr_Beratungskontext.pdf, Seite 3, Abruf 02.10.2018
3 https://en.wikipedia.org/wiki/Systemic_therapy_(psychotherapy), Abruf 01.10.2018
4 https://en.wikipedia.org/wiki/Cybernetics, Abruf 01.10.2018
5 https://systemische-gesellschaft.de/wp-content/uploads/2016/03/Syst_Denken_im_Fuehr_Beratungskontext.pdf, Seite 2, Abruf 01.10.2018
6 https://systemische-gesellschaft.de/wp-content/uploads/2016/03/Syst_Denken_im_Fuehr_Beratungskontext.pdf, Seite 2, Abruf 01.10.2018
7 https://books.google.de/books?id=Og3r6yyXvtAC&pg=PA69&lpg=PA69&dq=bateson+systemic+coaching&source=bl&ots=Heb4OdJI88&sig=PRGS9cOrrJp-A9E_Bmm2al4Jh0&hl=de&sa=X&ved=2ahUKEwiH37OVkuXdAhWGyKQKHUhfAgQQ6AEwB3oECAIQAQ#v=onepage&q=bateson%20systemic%20coaching&f=false, Abruf 01.10.2018
8 https://www.dgsf.org/service/was-heisst-systemisch/systemische_coaching.htm, Abruf 02.10.2018
9 https://www.dgsf.org/service/was-heisst-systemisch/systemische_coaching.htm, Abruf 02.10.2018
10 https://de.wikipedia.org/wiki/Ethischer_Imperativ, Abruf 02.10.2018
11 https://systemische-gesellschaft.de/wp-content/uploads/2016/03/Syst_Denken_im_Fuehr_Beratungskontext.pdf, Seite 2, Abruf 02.10.2018
12 https://systemische-gesellschaft.de/wp-content/uploads/2016/03/Syst_Denken_im_Fuehr_Beratungskontext.pdf, Seite 3, Abruf 02.10.2018
13 Janßen/Schödlbauer (2017), Systemisches Management Coaching, S. 23
14 http://www.hamburger-schule.com/, Abruf 02.10.2018
15 Janßen/Schödlbauer (2017), Systemisches Management Coaching, S. 17
16 Janßen/Schödlbauer (2017), Systemisches Management Coaching, S. 17
17 Janßen/Schödlbauer (2017), Systemisches Management Coaching, S. 18
18 Janßen/Schödlbauer (2017), Systemisches Management Coaching, S. 18