Resilienz – Führungskräfte

und MitarbeiterInnenführung

Abschlussarbeit von Jana Dörrich, als PDF lesen


Einführung

Warum erholen sich manche Menschen schneller als andere von Krisen?

Warum meistern die einen eine Herausforderung weniger gestresst als andere?

Ein Schlüsselfertigkeit für den erfolgreichen Umgang mit Krisen, Stress, Rückschlägen und Herausforderungen ist die sogenannte Resilienz.

Erfolgreich meint in dem Kontext, dass Menschen flexibel und anpassungsfähig sind und damit Belastungssituationen gesund und sogar gestärkt überstehen.

Entsprechend wird Resilienz auch als das psychische Immunsystem oder die seelische Widerstandsfähigkeit bezeichnet1.

Die Relevanz von Resilienz ist in den letzten Jahren gestiegen.

Ein Grund dafür ist der hohe Anstieg an psychosozialen Erkrankungen. Die Diagnose Burnout wird zunehmend über alle Branchen und Berufsbildern gegeben.

Solche Erkrankungen sind ein Symptom dafür, dass unsere Gesellschaft vor Herausforderungen steht, die bestimmte Denk- und Verhaltensmuster bedürfen.

Eine Umschreibung dieser Herausforderungen ist die VUCA Welt, in der Veränderung, Unsicherheit, Komplexität, und Ambiguität die neue Normalität sind. Menschen mit einer hoch ausgeprägten Resilienz können dieser Geschwindigkeit mit einer Ruhe, die von innen kommt, ein Gegengewicht geben.2

Resilienz gilt heute als Schlüsselfertigkeit für Mensch und Organisation, um in der VUCA Welt gesund, zufrieden und effektiv zu bleiben.

Die Resilienz einer Führungskraft spielt eine wegweisende Rolle in der Selbst-, Mitarbeiter- und Unternehmensführung.

Aus diesem Grund wird der Resilienz von Führungskräften besonders viel Aufmerksamkeit geschenkt und steht auch in dieser Abschlussarbeit im Fokus.

Resilienzmodelle als Grundlage für die Führungskräfteentwicklung

Es gibt zahlreiche Resilienzmodelle, die beschreiben, welche Verhaltensweisen, Gefühle und Gedanken dienlich für eine hoch ausgeprägte Resilienz sind.

Resilienz ist also keine angeborene Fähigkeit, sondern trainierbar.

Außerdem bezieht Resilienz sich nicht nur auf die Bewältigung von großen Lebenskrisen, sondern auch auf den Umgang mit alltäglichen Herausforderungen wie u.a. den Umgang mit einem kritischen Feedback oder einem beruflichen Misserfolg.

Im Kontext der Führungskräfteentwicklung bieten Resilienzmodelle die Grundlage zur Selbstreflektion sowie Ableitung von Entwicklungsmaßnahmen.

Ein häufig zitiertes Resilienzmodell ist das „7 Schlüssel Modell“ von Prof. Dr. Jutta Heller (2021) welches davon ausgeht, dass resiliente Menschen eine hohe Ausprägung der folgenden sieben Schlüsselfähigkeiten haben:

Akzeptanz

– meint die Fähigkeit, unveränderbare Dinge zu akzeptieren anstatt wiederholt sich daran zu reiben und wertvolle persönliche Energie aufzubrauchen. Diese Fähigkeit beinhaltet auch die Selbstakzeptanz und damit das Annehmen der eigenen Stärken und Schwächen3.

Beispiel aus der Führungspraxis:

Unveränderbar ist heutzutage die steigende Unvorhersehbarkeit von Veränderungen in der Organisation, was Führungskräfte fordert, immer wieder neu zu planen und umzulenken.

Akzeptanz bedeutet in diesem Kontext, die Unvorhersehbarkeit anzunehmen und seine Projektplanung und Führungsprozesse daran anzupassen, anstatt an bisherigen Mustern festzuhalten.

Optimismus

– meint die Fähigkeit, seine Aufmerksamkeit auf das Positive zu fokussieren und auch in schwierigen Phasen eine realistische Überzeugung zu haben, dass wieder bessere Zeiten kommen werden.

Optimismus bedeutet darüber hinaus, eine positive und wertschätzende Haltung gegenüber sich selbst zu haben.4

Beispiel aus der Führungspraxis:

Einen hoch ausgeprägten Optimismus beweisen Führungskräfte unter anderem in dem Umgang mit einer steigenden Fluktuation im eigenen Bereich.

Der Weggang von MitarbeiterInnen beinhalten immer Verluste im Team auf persönlicher und fachlicher Ebene. Aber mit neuen Kolleg:innen gewinnen Organisationen auch neue Qualifikationen und Persönlichkeiten.

Optimismus bedeutet also in diesem Kontext, in einer steigenden Fluktuation auch die Chance zu sehen und die Zuversicht zu haben, trotz des Fachkräftemangels die Lücken im Team kurz- bis mittelfristig schließen zu können.

Selbstwirksamkeit

– meint den Glauben daran, das eigene Schicksal in der Hand zu haben und durch das eigene Handeln seine eigene Situation verbessern zu können.5

Beispiel aus der Führungspraxis:

Den Vorgesetzten können auch Führungskräfte sich nicht aussuchen.

Wenn also das Arbeitsverhältnis zur Geschäftsführung angespannt ist und die Führungskraft mit ständig wechselnden Vorgaben zu kämpfen hat, so hat auch die Führungskraft die Möglichkeit, über schriftliche Vereinbarungen oder Rückversicherungen Verbindlichkeit der Geschäftsleitung einzufordern.

So kann die Führungskraft zwar nicht die Geschäftsleitung selbst, aber das eigene Verhalten und damit ihre persönliche Situation verändern.

Verantwortung

– meint die Fähigkeit, auf seine eigenen Bedürfnisse zu achten und sein Verhalten auf die Erfüllung der eigenen Bedürfnisse auszurichten.6

Beispiel aus der Führungspraxis:

Eine hoch ausgeprägte Selbstverantwortung beweisen Führungskräfte, wenn Sie auch in starken Belastungsphasen ihre Pausen einhalten und damit der persönlichen Überlastung vorbeugen.

Damit agiert die Führungskraft auch als Vorbild und schafft seinen MitarbeiterInnen einen Rahmen, ebenfalls ihre persönliche Belastungsgrenzen zu wahren.

Netzwerkorientierung

– meint die Fähigkeit, sozial Netzwerke aufzubauen und zieldienlich zu nutzen. Das beinhaltet, Hilfe von anderen proaktiv aufsuchen und annehmen zu können.7

Beispiel aus der Führungspraxis:

Eine hoch ausgeprägte Netzwerkorientierung zeigen Führungskräfte, die transparent mit ihren Herausforderungen umgehen (z.B. Leistungsträger: in möchte kündigen) und sich Rat von Kolleg:innen einholen.

Das häufige Gegenteil ist, dass Führungskräfte u.a. aus der Befürchtung heraus, ihr Ansehen zu verlieren, derartige Situationen allein bewältigen.

Lösungsorientierung

– meint die Fähigkeit, auch in herausfordernden oder krisenhaften Situationen auf die Lösung und auf die Chancen zu fokussieren.

Sie meint auch die Fähigkeit, sich seiner Stärken und persönlichen Ressourcen bewusst zu sein und diese zu nutzen.8

Beispiel aus der Führungspraxis:

Viele Führungskräfte mussten bedingt durch die Corona-Pandemie von heute auf morgen remote führen.

Den radikalen und plötzlichen Umstieg von analoge auf digitale Medien als Chance zu sehen und sich eigenständig über Trainings, Austausch mit Peers oder Experimentieren mit dem in der virtuellen Führung zu üben, zeigt eine gut ausgeprägte Lösungsorientierung.

Zukunftsorientierung

– meint die Fähigkeit, Lebensziele zu formulieren und danach zu handeln.

Diese Lebensziele sind auch in herausfordernden Phasen unsere Anker, um auf den Sinn und das Positive zu fokussieren und Veränderungen anzustoßen.9

Beispiel aus der Führungspraxis:

Das operative Tagesgeschäft kann phasenweise frustrierend sein, wenn Führungskräfte neben der starken zeitlichen Auslastung auch täglich neue Probleme zu lösen haben.

Zukunftsorientierte Führungskräfte bleiben nicht im Hamsterrad gefangen, sondern haben ihre mittel- und langfristigen beruflichen Ziele vor Augen und stellen sicher, dass ihr heutiges Handeln auf diese einzahlt.

Auch wenn die Beispiele nur einen kleinen Ausschnitt aus der Führungspraxis zeigen, so wird deutlich, dass resiliente Führungskräfte ihren Fokus auf die Zukunft und auf Ressourcen lenken.

Sichtbar wird dieser Fokus erst im Verhalten, welches Mensch und Organisation wiederum beeinflusst.

Wie können Führungskräfte also ihre Resilienz stärken und damit positiv auf Ihr Umfeld wirken?


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Quellen bis hierher

1 Heller, J.: Resilienz, G|U, 10. Auflage 2021, S. 9
2 Wellensiek, S. K. Handbuch Resilienztraining, Beltz, 2. Auflage 2017, S. 12
3 Vgl. Heller, 2021, S. 18-43
4 Vgl. Heller, 2021, S. 44-67
5 Vgl. Heller, 2021, S. 68-95
6 Vgl. Heller, 2021, S. 96-115
7 Vgl. Heller, 2021, S. 116-137
8 Vgl. Heller, 2021, S. 138-157
9 Vgl. Heller, 2021, S. 158-172