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Einleitung – Hypnosystemische Ansätze
Die Problemlösungsgymnastik ist ein Werkzeug der von Gunther Schmidt auf Basis der Milton Ericksonschen Hypnotherapie entwickelten hypnosystemischen Ansätze, daher hier zunächst eine kleine Einführung in die hypnosystemische Denkweise.
Viele Menschen sind sehr reflektiert und können Zusammenhänge sehr detailliert erfassen und erklären.
Häufig brauchen sie Unterstützung darin ihre Emotionen wahrzunehmen um in ein ganzheitliches Erleben zu kommen. Die Coachin / der Coach (im Folgenden C) kann die Klientin / den Klienten (im Folgenden K) darin unterstützen.
Hypnosystemische Ansätze sind dabei wertvolle Interventionstechniken.
Darüber hinaus bietet das hypnosystemische Vorgehen effektive Möglichkeiten unbewusste und unwillkürliche Erlebnisprozesse in hilfreicher Weise zu beeinflussen.
Dabei bleibt K in einem bewussten Erlebnisprozess – dies nur als Abgrenzung zu Hypnosetechniken als „Show“. K steuert mit, kann den Prozess jederzeit unterbrechen.
Die hypnosystemischen Ansätze basieren auf Erkenntnissen der Hirnforschung, dass das Gehirn nicht (oder kaum?) zwischen realem und vorgestelltem Erleben unterscheidet.
So können neue neuronale Netzwerke auch über die Imagination gebildet werden. K kann zudem lernen wie sie/er erlebens- und verhaltensförderliche neuronale Kompetenz- Netzwerke selbstständig aktivieren kann.
Gunther Schmidt und andere gehen davon aus, dass:
Probleme selbsthypnotisch durch die Art und Weise erzeugt werden wie Menschen ihre Wahrnehmung organisieren
Dies geschieht meist unbewusst. Durch die Fokuslenkung auf bestimmte Aspekte unserer Wahrnehmung hypnotisieren wir uns immer wieder selbst. Wenn es dabei zu einem unangenehmen Erleben kommt, spricht Gunther Schmidt so schön von „Problemtrance“.
Wenn wir ein Problem erleben, befinden wir uns demzufolge in einer Art Problemtrance.
Wir führen uns sozusagen selbstständig in das Problemerleben hinein. Wir richten dann – meist unbewusst – unsere ganze Aufmerksamkeit auf das Problem wie z.B. einen Konflikt, Überforderung, Stresserleben etc.
Dadurch sehen wir fast nur noch das Problem und führen auf „ungünschdige“ Weise Dialoge mit uns selbst, die uns weiter in das Problemerleben hineintreiben.
Einige der innerlich ausgesprochenen Sätze beginnen mit „Ich bin….“ (immer gestresst, unordentlich, unfähig…) – hier hilft schon sehr das von Gunther Schmidt entwickelte Seitenmodell:
Eine Seite von mir ist…
Die Problemtrance wird unterstützt durch entsprechende Körperhaltungen, Gestik, Mimik und Atmung.
Wir fokussieren unsere Wahrnehmung dann so auf unser Problem und schränken sie dabei so ein, dass Lösungen nicht mehr sichtbar sind.
Unsere Aufgabe als systemische*r C ist es K eine andere Sichtweise / ein anderes Erleben zu ermöglichen und sie / ihn aus der „Problemtrance“ in die „Lösungstrance“ zu führen.
Gemeinsam mit K können Möglichkeiten zur „Lösungstrance“ entwickelt werden. Besonders interessant ist es dabei die Unterschiede im Erleben zwischen Problem – und Lösungstrance herauszuarbeiten und den Übergang / die Brücke von dem einen zum anderen Zustand erlebbar zu machen.
Im Vordergrund steht dabei die gezielte Lenkung der Aufmerksamkeit auf die eigenen Ressourcen und Handlungsspielräume.
Durch permanent sich erneuernde Hypothesenbildung und geschickte systemische Fragetechniken begibt sich C wie ein Trüffelschwein auf die Suche nach den Ressourcen von K und hilft ihm diese verstärkt wahrzunehmen und somit in’s Bewusstsein zu heben und abrufbar zu machen.
Ks werden darin unterstützt zu lernen wie sie ihre Wahrnehmung bewusst so beeinflussen können, dass ein positives Erleben erzeugt wird.
Handlungskompetenz wird erlebbar gemacht.
Dadurch werden Wege ermöglicht sich von der Opferhaltung gegenüber dem Problem zu befreien. Beim hypnosystemischen Ansatz werden dabei hauptsächlich spontan auftretende Tranceprozesse genutzt.
Dabei steht immer das Erleben der Selbstwirksamkeit von K im Vordergrund, so wird einer Abhängigkeit von C vorgebeugt.
K kann die Erfahrung machen, dass sie / er die Fokussierung der Wahrnehmung eigenständig steuern und verändern kann.
Ziel im Coachingprozess ist es die bewussten und willentlichen Einflussmöglichkeiten auf das eigene Erleben und Verhalten zu erhöhen.
Im unbewussten Erfahrungsrepertoire jedes Menschen steckt ein hohes Potenzial an hilfreichen Fähigkeiten und Kompetenzmustern. Diese gilt es erlebbar zu machen und in zieldienlicher Weise mit problemauslösenden Situationen im Alltag zu vernetzen.
Dabei wird sowohl mit dem inneren System / den inneren Anteilen als auch mit dem äußeren System (welche Personen sind beteiligt?) gearbeitet.
Die Problemlösungsgymnastik nach Gunther Schmidt – Der Kern
Bei der Problemlösungsgymnastik geht es im Wesentlichen darum Körperhaltung und Wahrnehmung im Problem versus Lösungserleben zu erforschen und mit K daraus eine Art Gymnastikübung zu kreieren.
Die Problemreaktion des Körpers wird nutzbar gemacht für die Lösungsreaktion.
Sie basiert auf der Erkenntnis, dass es sich bei der Fokuslenkung auf Körperkoordination, Mimik, Gestik und Atmung um besonders wirksame Interventionen handelt.
Diese körperlichen Aspekte haben den großen Vorteil, dass sie willentlich beeinflussbar sind.
Bei unwillkürlichen Prozessen, die in ein Problemerleben führen, ist es möglich willentlich ein anderes Erleben durch die Einflussnahme auf den eigenen Körper zu bahnen.
Das gewünschte Erleben ist zwar nicht unbedingt gleich da, aber die Wahrscheinlichkeit steigt, dass es durch die eigene Fähigkeit der Einflussnahme mehr und mehr aktivierbar.
Die Problemlösungsgymnastik – Einladung zu einem Selbstversuch
Damit die geneigte Leserin / der geneigte Leser (im Folgenden „du“ oder L genannt) einen ersten Eindruck von der Wirksamkeit der Problemlösungsgymnastik bekommt, hier die Einladung zu einem kleinen, von mir entwickelten Selbstversuch:
▫ Erinnere dich an ein problematisches Erleben.
Begib dich in deiner Vorstellung mit all deinen Sinnen nochmal in eine konkrete Situation, in der du in diesem problematischen Erleben warst.
▫ Exploriere deine Wahrnehmung.
▫ Richte nun deine ganze Aufmerksamkeit auf deine Körperwahrnehmung.
Wie ist deine Haltung im Problemerleben?
Dein Atem?
Wo spürst du Spannungen?
Was ist mit deinen Schultern?
Gibt es eine Bewegungsrichtung oder Starre?
▫ Gibt es einen Stimmsound, eine Bewegung, die dazu passt?
▫ Verstärke nun diese Körperhaltung / – bewegung, die Art der Atmung, den Stimmsound etc.
▫ Was nimmst du wahr?
▫ Steh auf, schüttel dich, reibe deine Arme, deine Beine, hüpfe, reck und streck dich.
Tue alles, wonach dir jetzt ist um aus der Problemtrance wieder rauszukommen.
▫ Nun exploriere, wann du es in einer ähnlichen Situation schon einmal geschafft hast aus dem Problemerleben wieder rauszukommen oder diese gar nicht erst als problematisch wahrgenommen hast.
Falls dir das schwer fällt, kannst du es über die Wunderfrage versuchen.
Oder du denkst an ein Vorbild, jemanden, der in deinem Sinne günstiger mit so einer Situation umgehen kann.
Das kann ruhig Superman sein.
▫ Exploriere wieder deine Wahrnehmung.
▫ Richte nun deine ganze Aufmerksamkeit erneut auf deine Körperwahrnehmung.
Wie ist deine Haltung im Lösungserleben?
Dein Atem?
Wo spürst du Entspannung, Eu-Spannung, Lösung, Aufrichtung?
Was ist mit deinen Schultern?
Gibt es eine Bewegungsrichtung?
Was ist anders?
▫ Gibt es einen Stimmsound, eine Bewegung, die dazu passt?
▫ Verstärke nun diese Körperhaltung / – bewegung, die Art der Atmung, den Stimmsound etc.
▫ Was nimmst du wahr?
Was ist anders?
▫ Bewege dich nun wieder wie es dir gerade gut tut und was dir hilft aus dem Bild wieder rauszukommen.
▫ Jetzt kannst du konkret deine ganz eigene Problemlösungs-gymnastikübung entwickeln:
▫Begib dich wieder in die verstärkte Haltung des Problemerlebens mit allem, was du gerade an Körperhaltung Sound etc. entwickelt hast.
Gehe von da aus in die verstärkte Haltung des Lösungserlebens – erneut mit allem Drum und Dran.
▫ Wiederhole dies einige Male in verschiedenen Tempi.
▫ Mache das auch mehrmals in Zeitlupe um den Übergang von der Problem- in die Lösungshaltung ganz deutlich zu spüren.
Was für Bilder kommen dir dabei?
▫ Nun begib dich in der Imagination nochmal in eine problemtriggernde konkrete Situation.
Gehe in die verstärkte Problemhaltung und führe dann deine ganz individuell gestaltete Problemlösungsgymnastik aus.
▫ Wiederhole den letzten Übungsschritt immer wieder – konkret oder in der Imagination.
▫ Du kannst das Erleben in der Übung und die kraftvolle Wirksamkeit erhöhen, indem du sie mit weiteren Sinneskanälen belebst.
Gibt es Bilder, die sich dir in der Übung zeigen?
Was hörst, riechst und schmeckst du?
Was fühlst du auf der Haut?