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Abschlussarbeit von Jana Salomon, als PDF lesen
Einleitung
Wenn man auf die letzten zwei Jahrzehnte zurückschaut, wird schnell deutlich, dass sie geprägt sind durch Veränderung1.
Veränderung in unterschiedlichen Formen wie bspw. Entwicklungen, die ihren Anwendungsbereich und auch darüber hinaus revolutioniert haben.
Ein Beispiel ist die Entwicklung des Smartphones
bzw. die Einführung des IPhone von Apple Inc. im Jahr 2007. Mit der Einführung des IPhone löste Apple einen Umbruch im Mobilfunkmarkt aus, der auch Wellen über den Mobilfunkmarkt hinausschlug.
Durch das Mobiltelefon mit Computer-Funktionen inklusive der Fähigkeit des Nachrichtenverkehrs (Telekommunikation) ermöglichte das Smartphone Funktionalitäten über das einfache Telefonieren und Schreiben von Nachrichten, SMS (Short Message Service), hinaus. Neben dem IPhone gab es noch viele weitere disruptive Entwicklungen, die einen revolutionären Veränderung in ihrem Bereich ausgelöst haben, wie zum Beispiel Amazon – Revolution den Einzelhandel oder Tesla – Disruption des Automarkes.
Die Auswirkungen der Digitalisierung und der Einführung disruptiver Medien und Technologien sind nicht nur in unserem alltäglichen Miteinander zu erleben.
Es ist auch eine revolutionäre Veränderung in der Arbeitswelt zu erkennen.
Die Einführung des Smartphones beispielsweise legte den ersten Stein für eine ständige Erreichbarkeit und Konnektivität. Durch die Computer-Fähigkeiten in dem Mobiltelefon wurde der ständige Zugang auf die Emails ermöglicht.
Welches zusätzlich das Arbeiten von überall und zu jeder Zeit förderte. Nun war es nicht mehr notwendig E-Mails nur von einem festen Arbeitsplatz zu verschicken. E-Mails konnten von nun an mit einer Leichtigkeit aus dem Taxi oder gar kurz vor dem Boarding versendet werden.
Zwischen 2008 und 2018 hat sich die Zahl der versendeten E-Mails vervierfacht (Brandhofer et al., 2019).
Die Art und Weise wie Unternehmen arbeiten und sich strukturieren hat sich in den letzten zwei Jahrzenten grundlegend verändert mit Auswirkungen auf die Geschäftsmodelle
(Hesse, 2018; Khan, 2016)
Produkte und Dienstleistungen wurden bereits elementar und nachhaltig verändert (Prince, 2017). Diese Verschiebung von einer physischen Welt hin zu einer neuen verstärkt virtuellen Welt wurde nun in den letzten zwei Jahren auch durch die Pandemie beschleunigt (Bolden & O’Regan, 2016).
Dieses Phänomen der schnelllebigen und sich mit einer hohen Geschwindigkeit und Intensität verändernden Welt wird unter dem Akronym „VUCA Welt“ beschrieben.
Das Akronym besteht aus den Anfangsbuchstaben der Begriffe, die die Bedingungen, unter denen die Organisationen aktuell stehen und mit dessen Herausforderungen sie Tag täglich konfrontiert sind und versuchen diese zu über beherrschen. Volatility (Volatilität), Uncertainty (Ungewissheit/ Unsicherheit), Complexity (Komplexität) sowie Ambiguity (Ambiguität) (Gläser, 2020).
[V] Volatilität – beschreibt die Intensität und Geschwindigkeit von Veränderungen. Die vorzufinden Veränderungen gewinnen immer mehr an hoher Geschwindigkeit und Intensität.
[U] Unsicherheit – befasst sich mit der Unvorhersehbarkeit von Ereignissen im Generellen und insbesondere Veränderungen. Je mehr die Schwankungen an Geschwindigkeit gewinnen, desto schwieriger wird es Vorhersagen zu treffen.
[C] Komplexität – entsteht durch die vielen einzelnen mitwirkenden Einflussfaktoren und deren Wechselwirkungen und Abhängigkeiten. Die Komplexität eines Systems wird durch die Anzahl der existierenden Interdependenzen bestimmt.
[A] Mehrdeutigkeit – greift die Eigenschaft von Information und Situationen auf, dass diese von unterschiedlichen Personen auf unterschiedliche Weise verstanden und interpretiert werden.
Diese sich schnell veränderte Welt bringt auch neue Herausforderungen für die Organisationen und die einzelnen Mitarbeiter:Innen.
Um Veränderungen erfolgreich zu meistern, müssen die Mitarbeiter:Innen mit auf die Reise der Veränderungen genommen werden.
Letztendlich sind die Mitarbeiter:Innen in der Regel immer von Veränderungen betroffen. Diese können ausgelöst sein durch das Einführen von neuen Strukturen, Strategien oder auch neuen digitalen Technologien.
Viele Organisationen, wenn nicht sogar alle, haben die Unvermeidbarkeit von Veränderungen bereits erkannt und verstanden, dass die erfolgreiche Bewältigung einer Veränderung einen separaten Fokus und zusätzliche Ressourcen benötigt.
In vielen Organisationen ist die Rede von sogenannten Change Projekten.
Change Projekte, sind gemäß der Projekt Definition für einen bestimmten Zeitraum mobilisierte Ressourcen, um gezielt an einem Thema oder einer Herausforderung zu arbeiten. Studien haben gezeigt, dass ein widerkehrender Erfolgsfaktor die Einbindung der Mitarbeiter:Innen in den Change Prozess ist (Fleig, 2019).
Auswertungen zeigten, dass in den letzten 10 Jahren nur ein Viertel (20 bis 25%) der durchgeführten Change Projekte erfolgreich waren (Sackmann et al., 2019). Diese Zahl ist alarmiert, da nicht verdrängt werden kann, wie allgegenwärtig Veränderung tagtäglich für die Organisationen ist.
Doch wieso schaffen es Organisationen nicht die Change Reise erfolgreich zu bewältigten?
Umfragen haben ergeben, dass der Schlüsselfaktor zum Erfolg eines Change Projektes, die betroffenen Personen sind. Im organisationalen Kontext sind es die Mitarbeiter:Innen. Um die Fragestellung zu beantworten, wie eine Organisation seine Mitarbeiter:Innen bestmöglich auf der Reise einer Veränderung unterstützen kann, ist eine genauere Betrachtung der traditionellen Change-Management Modelle notwendig.
Traditionelle Change-Management Modelle und ihre Herausforderungen
In der Literatur ist das Thema Change-Management in einem großen Ausmaß und seit über 70 Jahren vertreten.
Als Pionier rund um Veränderungsprozesse wird Kurt Lewin mit seinem 3-Phasen-Modell gesehen (siehe Abbildung 1).
Lewin beschreibt drei aufeinander aufbauende Phasen zur erfolgreichen Bewerkstelligung von gesellschaftlichen Veränderungen („Veränderungsprozesse“, 2022). Durch die Phasen „Auftauen, Ändern, Neustabilisieren“ legt Lewin seinen Fokus auf die notwendigen Schritte des Managements einer Organisation, wenn es um den Umgang mit Veränderung geht.
Dieses Modell lässt jedoch die Mitarbeiter:Innen einer Organisation und deren Individualität komplett außer Acht.
Hinzu kommt, dass das 3-Phasen-Modell ein Rahmenwerk für lediglich eine direkt bevorstehende Veränderung darstellt. Jedoch keinerlei Auskunft darüber gibt, wie Organisationen nachhaltig ihre Mitarbeiter:Innen proaktiv auf zukünftige noch unbekannte Veränderungen vorbereiten kann.
Abbildung 1 Lewin’s 3-Phasen-Modell
Die fehlende Reife des 3-Phasen-Modell von Lewin versuchte John Kotter, Leading Change Bestseller, 1996 durch eine detaillierte Betrachtung von organisationalen Veränderungsprozessen im Rahmen seines 8-Stufen-Modell auszugleichen. Im Fokus seines 8-Stufen-Modells (siehe Abbildung 2) steht die Bewerkstelligung von acht kritischen Fehlern, die Kotter als Schlüsselfaktoren für erfolgreiche Veränderungsprozesse identifiziert hat (Veränderungsprozesse“, 2022).
Abbildung 2 John Kotter’s 8-Stufen-Modell
Kotter richtete sein Modell an die Führungsebene von Veränderungsprozessen. Somit stellt sich sein Modell den gleichen Beschränkungen, wie Lewin’s 3-Phasen-Modell.
Beide Modelle lassen vollständig die Ebene der Mitarbeiter:Innen außer Acht.
Es wird lediglich darauf hingewiesen, dass die Mitarbeiter:Innen mit auf die Reise von Veränderungen genommen werden müssen. Doch wie genau dies erfolgt und welche Bedürfnisse der Mitarbeiter:Innen im Rahmen von Veränderungsprozessen stärker in den Fokus rücken sollten, bleibt offen.
Ergänzend fehlt es auch am Modell von Kotter an proaktiven Maßnahmen.
Das 8-Stufen-Modell beschreibt ausschließlich die notwendigen Phasen, ab dem Moment, an dem Veränderungen bereits präsent und spürbar sind. Nichtsdestotrotz war Kotter Vorreiter für die Notwendigkeit Veränderungen attraktiver zu gestalten, Betroffene mit in den Veränderungsprozess zu involvieren („create a sense of urgency“) sowie Veränderungsarbeit angemessen anzuerkennen („generate short-term wins“).
1 Veränderung (= im Laufe der Abschlussarbeit wird dieser Begriff als Synonym für sämtliche Veränderungen genutzt, die im organisationalen Kontext auftreten können)