Abschlussarbeit von Claudia Weisheit, als PDF lesen
Einleitung
Wir leben in der V U C A1 Zeit.
Diese ist gekennzeichnet durch permanente Veränderungen und ständig zunehmende Komplexität. Führungskräfte sind daher mehr denn je gefordert.
Digitalisierung, agiles Arbeiten, neue Teamstrukturen und Projektarbeit bestimmen den Unternehmensalltag.
Mitarbeiter sind gefordert, sich in immer größerem Umfang selbst zu steuern. Dies erfordert auch eine „andere Führung“.
Unternehmen können mit dieser Entwicklung nur Schritt halten, wenn sie kommende Veränderungen frühzeitig erkennen und gezielt die notwendigen Maßnahmen durchführen, um die neuen Herausforderungen zu bewältigen.
Die Zeit, in der es DEN Experten gab, ist vorbei. Die Führungskraft ist gut beraten Teamaufgaben nach Stärken und Neigung zu delegieren bzw. Zuständigkeiten ebenso festzulegen. Außerdem ist die bereichsübergreifende Kommunikation und Zusammenarbeit ein Erfolgsfaktor für Unternehmen2.
Allerdings können sich Führungskräfte m.E. nach „entlasten“, wenn sie ihre Teams und sich selbst mit Hilfe verschiedener Coaching-Prinzipien steuern bzw. sich Dinge bewusst machen, die im Verborgenen ablaufen.
Ich habe in der Praxis häufig erlebt, dass sehr gute Fachexperten zu Führungskräften werden, ohne zum einen ihre Eignung zu überprüfen und sie zum anderen gar nicht auf diese Rolle vorbereitet werden.
Im Folgenden wird darauf eingegangen wie es gelingen könnte, neue Führungskräfte besser bei der Übernahme der neuen Rolle zu begleiten und wie auch erfahrene Führungskräfte ihre Rolle mit neuem Leben füllen können.
Alle Anregungen erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit oder Wirksamkeit.
Ausbildungsprogramm Führungskräfte – Die Module im Überblick
Modul 1 – Die neue Rolle
Im Rahmen eines Workshops soll mit den Teilnehmern im Rahmen eines Brainstormings erarbeitet werden, wie sie selbst ihre Rolle sehen. Im Anschluss daran, soll darüber das Rollenverständnis der Fa. Mustermann „gelegt werden. Darüber hinaus soll im Rahmen theoretischer Wissensvermittlung auf verschiedene Führungsstile, den eigenen Führungsstil und erforderliche Kompetenzen eingegangen werden.
Aufgaben der Führungskraft
Um auch hier Lernen erlebbar zu machen, sollen die Teilnehmer zunächst selbst in Kleingruppen erarbeiten, worin in ihrem konkreten Umfeld die Aufgaben bestehen.
Im Anschluss daran soll gemeinsam im Plenum herausgearbeitet werden, welche Aufgaben eher gemeingültig sind und unabhängig vom jeweiligen Berufsbild anfallen und welche eher spezieller sind.
Als Theorieinhalte sollen Delegation, Motivation, Entscheidungen und Mitarbeitergespräche in angespannten Situationen vermittelt werden.
Tools und Prozesse
In diesem Modul soll die Führungskraft alle relevanten Tools und Prozesse der Fa. Mustermann kennenlernen. Ziel des Moduls ist es, die Führungskraft in die Lage zu versetzen, auf konkrete Anfragen ihrer Mitarbeiter zu reagieren.
Hierfür muss die Führungskraft über alle einschlägigen internen Regelungen (Dienst- und Organisationsanweisungen, Betriebsvereinbarungen, Tarifverträge etc.) informiert und deren Anwendungsfälle besprochen werden.
Rechtlicher Rahmen
Jede Führungskraft unterliegt im Rahmen ihrer Aufgaben auch arbeitsrechtlichen Restriktionen.
Daher ist es unerlässlich die wichtigsten Arbeitsrechtlichen Rahmenbedingungen zu kennen.
Insbesondere folgende Themen sollen hier behandelt werden: AGG, Direktionsrecht, Arbeitszeitgesetz, Anzeige- und Nachweispflichten, Arbeitsvertragliche Haupt- und Nebenleistungspflichten des Arbeitnehmers, Disziplinarmaßnahmen und Beendigung von Arbeitsverhältnissen etc.
Modul 4 – Coaching Tools für Führungskräfte
Siehe Hierzu Abschnitt II.
Review und regelmäßige Peer-Group Treffen (Führungskräfte als Reflecting Team oder kollegiale Fallberatung).
Modul 4 – Coaching Tools für Führungskräfte
Aktives Zuhören, Spiegeln, Doppeln und Paraphrasieren
„Der Mensch hat zwei Ohren und eine Zunge, damit der doppelt so viel hören kann, wie er spricht.“ 3
Frei nach Friedemann Schulz von Thun ist das Gesagte nicht immer das Gehörte. Um als Führungskraft Missverständnissen vorzubeugen, ist es hilfreich sich immer vor Augen zu führen, dass eine Nachricht vier Seiten hat, und der Empfänger den Inhalt der Nachricht bestimmt4.
Umso bedeutungsvoller ist es, dass die Führungskraft aktiv zuhört. Und zwar in Reinform.
Sie hat hierbei die Wahl entweder Wort für Wort das Gesagte des Mitarbeiters wiederzugeben und auch die Emotionen des Mitarbeiters zu spiegeln oder das Gesagte paraphrasiert wiederzugeben. So vermeidet er eigenen inhaltliche Interpretationen in die Nachricht zu legen.
Natürlich sollte die Führungskraft gleichwohl auf allen „vier Ohren hören“, um aber sicherzugehen, dass sie die Botschaft des Mitarbeiters in seinem Sinne erfasst hat, sollte sie im nächsten Schritt nachfragen.
Nachfragen und Systemische Fragen
Ähnlich wie ein Coach ist auch eine Führungskraft damit konfrontiert, dass sich Menschen (= ihre eigenen Mitarbeiter) mit mehr oder weniger konkreten Fragen/ Problemen an sie wenden, in der Erwartung, eine Antwort/ Lösung zu finden.
Im Gegensatz zum Coach ist die Führungskraft aber Teil der Welt und hat demnach mehr Einblick in diese.
Hieraus könnte man schließen, dass die betroffene Führungskraft genau der richtige ist und die einzig wahre Antwort kennt. Unterstellt man allerdings, dass jeder Mitarbeiter (wie auch jeder Coachee) der Experte seines Systems ist, hat er demnach auch die für ihn geeignetste Lösung bereits in sich5.
Ich bin mir durchaus bewusst, dass diese Haltung im Führungsalltag nicht in Reinform gelebt werden kann. In der Beziehung zwischen Mitarbeitern und Führungskräften gibt es in der Regel ein Machtgefälle.
Im Führungsalltag gibt es daher unzählige Situationen in denen der Vorgesetzte die Entscheidung treffen muss bzw. die Führungskraft qua Rollendefinition überhaupt dazu berechtigt ist.
In solchen Situationen wird es wenig hilfreich sein, wenn die Führungskraft den Ball mit Hilfe von Systemischen Fragen wieder zum Mitarbeiter spielt.
Unterstellt man allerdings, dass sog. Wissensarbeiter sehr wohl Experten auf Ihrem Gebiet sind, dann fungiert die Führungskraft durch Einsatz von Fragetechniken als Unterstützer. Dies könnte, vernünftig eingesetzt, positiven Einfluss auf die Motivation der Mitarbeiter nehmen und Ihnen auch ein stärkeres Akzeptanzgefühl vermitteln.
Beispielfragen:
Ziel-, lösungs- und ressourcenorientiere Fragen
Verhaltensfragen
Skalenfragen
Dissoziationsfragen
Hypothetische Fragen
Paradoxe Fragen
usw.
Feedback
Wenn ich versuche mir vorzustellen ich würde ab Morgen bei einigen Führungskräften beobachten, dass Sie ihre Mitarbeiter um Erlaubnis fragen, um ihnen eine Rückmeldung zu geben, sehe ich selbige mit großen Augen und noch größerer Verwunderung vor mir.
Nichtsdestotrotz sollten Führungskräfte die Grundregeln von Feedback aus dem FF. beherrschen.
Allzu häufig erlebe ich, dass von einer einzigen Situation auf Menschen „an sich“ geschlossen wird. Unberücksichtigt hierbei völlig die Annahme, dass das Verhalten der Mitarbeiter immer Kontextabhängig ist.
Daher ist es unerlässlich im Rahmen der Führungskräfteausbildung auf das Feedback Zeit zu verwenden und die grundlegende Feedbackregeln zu vermitteln und immer wieder zu trainieren.
Quellen bis hierher
1 Vgl. Wikipedia: VUCA
2 Vgl. Haufe, Beitrag: Führung 4.0 – Herausforderungen für moderne Führungskräfte Zusammenfassung vom 10.10.2017
3 Vgl.: https://www.aphorismen.de/zitat/3880, Zitat Epiktet (um 50 bis 138 nChr.) griechischer Stoiker und Philosoph
4 Vgl. Friedemann Schulz von Thun, Miteinander Reden 1, S. 14.ff.
5 Vgl. Sonja Radatz, Einführung in das systemische Coaching, S. 34 f