Abschlussarbeit von Davud Erhan, als PDF lesen
Einleitung
Globalisierung, Internet, Corona Pandemie, Klimawandel, Migration und geopolitische Spannungen sind nur einige äußere Einflüsse welche dazu führen, dass sich Unternehmen und deren Mitarbeiter in einer volatilen, unsicheren, komplexen und ambivalenten (VUKA) Welt wiederfinden. Diese Veränderungen stören Routinen und bringen völlig neue Probleme und Konflikte mit sich.
Coaching stellt eine Möglichkeit dar, Mitarbeitern von Unternehmen beim Umgang mit Problemen und Konflikten nachhaltig zu helfen. Führungskräfte übernehmen hierbei eine wichtige Aufgabe.
Können Führungskräfte sogar selbst die Rolle eines Coaches einnehmen und die eigenen Mitarbeiter beim Finden ihrer Lösungen begleiten? Falls ja, welche Techniken können eingesetzt werden und welche nicht?
Die Folgende Arbeit geht der Beantwortung dieser Fragen nach. Es ist ein sehr großes Thema und diese Hausarbeit hat aufgrund des vorgegebenen Rahmens nicht den Anspruch wissenschaftlich tief in die Materie einzusteigen. Sie hat aber den Anspruch einen Überblick zu geben, zu inspirieren und vielleicht sogar die ersten Erkenntnisse zu liefern.
Definition Coaching
Beim Coaching geht es darum, dass der Coachee lernt, „…wie er selbst Probleme und Konflikte löst und bewältigt.
Er bestimmt das Ziel des Coachings, die Kriterien für die Zielerreichung legen Coach und Coachee gemeinsam fest. Während des Coachingprozesses, den der Coach verantwortet, gewinnt der Coachee neue Erkenntnisse, setzt diese in Handlungsalternativen um nd lernt, die Wirkungen seines Handelns in seinem Umfeld einzuschätzen.“1 Professionelles Coaching bietet hierbei
„…Hilfe zur nachhaltigen Selbsthilfe.“2
Definition Führungskraft
Die Führungskraft als Person ist jemand der „…in einer Organisation in leitender Position tätig ist. Sie ist mindestens mit der Personalführung in einem definierten Bereich dieser Organisation betraut, hat darüber hinaus aber meist auch Budget- und Sachverantwortung. Häufig haben Führungskräfte als Entscheider und Angehörige des Managements aufgrund ihrer hierarchischen Stellung Einfluss auf operative Leistungserstellungsprozesse und/oder die strategische Unternehmensentwicklung.“3
Vereinbarkeit von Führung und Coaching
Per Definition geht es also beim Coaching darum, dass der Coachee4 lernt Probleme und Konflikte selbst zu lösen, während der Coach lediglich den Prozess bis zur Zielerreichung verantwortet. Bei der Definition der Führungskraft tritt diese aufgrund ihrer hierarchischen Stellung mit Personalführung als Entscheider auf. Entsprechend ergeben sich beim Zusammenführen dieser beiden Begrifflichkeiten folgende zwei Kombinationen, welche sich als gegenüberliegende Pole visualisieren lassen:
• Führung ohne Coaching: Die Entscheidungs- / Lösungshoheit zu einem Problem oder Konflikt liegt bei der Führungskraft, nicht beim Mitarbeiter.
• Führung mit Coaching: Die Entscheidungs- / Lösungshoheit zu einem Problem oder Konflikt liegt bei dem Mitarbeiter, die Führungskraft verantwortet den Prozess der Lösungsfindung.
Interessant ist an dieser Stelle herauszufinden wie sich das aktuelle Verhältnis der beiden Pole zueinander in der Praxis darstellt.
Findet die Führung von Personal eher mit Coaching oder ohne Coaching statt?
Im Sommer 2020 hat der Personaldienstleister Hays in Kooperation mit dem Marktforschungsinstitut Rheingold mittels einer empirischen Studie den Führungsstil von 750 Führungskräften dokumentiert.5
Die Antworten der Befragten sind im Folgenden aufgelistet und nach Bestem Wissen und Gewissen den beiden Polen zugeordnet (siehe Spalte 1 und Farbcode):
• FoC und grau = Führung ohne Coaching
• FmC und blau = Führung mit Coaching
• „Leer“ und weiß = Nicht klar zuordenbar
Von insgesamt zwölf Nennungen lassen sich lediglich zwei zur Führung ohne Coaching (FoC) zuordnen („Deutliche und klarere Anweisungen geben“ mit 30% und „Stärker als Autoritätsfigur auftreten“ mit 10%).
Vier Nennungen passen nicht eindeutig zu einem der beiden Pole („Mitarbeiter verstärkt motivieren“ mit 39% oder „Führungsstil ist flexibler geworden“ mit 34%).
Sechs Antworten (also die Hälfte) lässt sich sehr gut der Führung mit Coaching (FmC) zuordnen. Zum Beispiel bedeutet die Antwort „mehr Selbständigkeit von Mitarbeitern zu verlangen“ mit 31%, dass die Führungskraft seinem Mitarbeiter idealerweise Hilfe zur Selbsthilfe bietet.
Zusammenfassend bestätigt diese Studie, dass Führungskräfte Prinzipien des Coachings bereits (wissentlich oder unwissentlich) in ihren Führungsstil einbauen.
Welche Techniken können bei der Führung mit Coaching angewandt werden, um die Mitarbeiter bei der Findung von Lösungen nachhaltig begleiten zu können?
Bevor es zu einer Selektion möglicher Coachingtechniken für Führungskräfte kommen kann, bedarf es einer genaueren Erklärung der Frage welche Arten von Führungsstilen es gibt und bei welchem dieser Stile Führung mit Coaching oder Führung ohne Coaching sinnvoll ist.
Führungsstile und Coaching
Wer in der Literatur nach Führungsstilen sucht findet insbesondere die Unterscheidung nach dem autoritären Stil, dem kooperativen Stil und dem laissez-faire.
Beim autoritären Stil entscheidet die Führungskraft alles selbst und gibt anschließend seine Entscheidung in Form von Anweisungen (Führung ohne Coaching), Informationen und Anordnungen in sein Team.
Beim kooperativen Stil informiert die Führungskraft über seine geplante Entscheidung. Die Mitarbeiter haben die Chance Feedback zu geben bevor die Führungskraft ihre finale Entscheidung (mit oder ohne Berücksichtigung des Feedbacks) trifft.
Beim laissez-faire hält sich die Führungskraft aus dem Lösungsfindungs- / Entscheidungsfindungsprozess raus. Das Team wird komplett sich selbst überlassen (Führung ohne Coaching). Neueste Studien zeigen, dass die fähigsten Führungskräfte in der Lage sind „zwischen diesen Führungsstilen je nach Situation / Thema zu wechseln“6, das heißt also zwischen Führung mit Coaching und Führung ohne Coaching umschalten können. Wie genau ist dieser Wechsel in der Zusammenarbeit spürbar?
Die Zusammenarbeit zwischen Führungskraft und Mitarbeiter basiert auf Kommunikation.
Der Bedeutung des Begriffs Kommunikation7 folgend, kommt es zwischen Führungskraft und Mitarbeiter zu einem Austausch von Informationen. Diese können sein: Anweisungen, Anordnungen, Informationen, Ratschläge, Expertise, Know-How, etc.
In Anlehnung an Herminia Ibarra und Anne Scoular im Harvard Business Review8 ist der ausschlaggebende Punkt wieviel die Führungskraft in Form von Antworten in die Kommunikation mit dem Mitarbeiter hineingibt und wieviel sie sich in Form von Fragen herauszieht.
Quellen bis hierher
1 Vgl. https://www.dvct.de/verband/kompetenzmodelle
2 Vgl. https://www.dvct.de/verband/kompetenzmodelle
3 Vgl. https://refa.de/service/refa-lexikon/fuehrungskraefte
4 Im Sinne dieser Arbeit steht Mitarbeiter synonym für Coachee und Führungskraft synonym für Coach
5 Vgl. https://www.hays.de/personaldienstleistung-aktuell/presse-mitteilung
6 Vgl. Greer, Lindy / Gino, Francesca / Sutton, Robert I., 2023, S. 78
7 aus dem lateinischen communicare = etwas gemeinschaftlich machen
8 Vgl. Ibarra, Herminia / Scoular, Anne, 2019, S. 5