Abschlussarbeit von Brigitte Sauer, als PDF lesen
Einleitung und persönliche Motivation
Das Thema Feedback begegnet mir in allen Systemen, in denen ich mich aktuell befinde und lebe.
Als „Ich“, im Individualsystem, als Tochter, Schwester, Mutter, Großmutter, Freundin, Mitarbeiterin im Unternehmen, Führungskraft, Kollegin usw. und seit Januar 2022 in der Ausbildung Systemisches Coaching bei InKonstellation.
Als bewegungsorientierter Mensch mit großer Freude an körperlicher Aktivität und mit hohem Interesse an der Zusammenarbeit und Interaktion mit den Menschen erfahre ich fortlaufend, wie wichtig Reflektion ist.
Eine Grundlage für eine lebenslange persönliche Entwicklung.
Eine Veränderung in einem der Systeme bringt dieses „Mobile“ spürbar in Bewegung, es gilt, die Balance zu finden, damit dieses System und die weiteren Systeme im Gleichgewicht sind.
Wahrgenommene und erlebte Dysbalance in einem oder mehreren Systemen können die Motivation und der Auftakt für Veränderungen sein.
Ein Instrument, um diese Ungleichgewicht zu erkennen, ist das Feedback mit einer Spannbreite von der Selbstreflexion über den Vergleich und die Gegenüberstellung der Eigen- und Fremdwahrnehmung durch einen Feedback-Geber, bis hin zu einem professionellen Coaching.
Die Vorgehensweise beim Feedback ist unterschiedlich und abhängig vom System, in dem ein Feedback stattfindet oder angeleitet wird.
Eine der Grundlagen für ein konstruktives, entwicklungsorientiertes Coaching ist die Fähigkeit, systemisch zu denken.
Sonja Radatz spricht in diesem Zusammenhang vom zirkulären Denken, alles sei mit allem vernetzt, alles habe auf alles einen Einfluss.3
Um herauszufinden, erlebbar zu machen und zu reflektieren, wie diese Vernetzungen auf Menschen in ihren Systemen wirken, wie sich deren Verhaltensweisen dadurch ständig ändern und entwickeln, bietet das Feedback eine Möglichkeit, das aktuelle „Jetzt“ zu erkennen und in einen Entwicklungsprozess einzusteigen.
In dieser Arbeit möchte ich das „Instrument Feedback“ in verschiedenen Systemen betrachten und dessen Einsatzmöglichkeiten und Wirkungen aufzeigen.
Definition des Begriffes Feedback
Aus dem Englischen übersetzt ist Feedback die Bezeichnung für eine Rückmeldung, beziehungsweise Rückinformation im Kontext der Kommunikation. Im Feedback vermittelt der Feedback-Geber dem Feedback-Nehmer seine Wahrnehmung und sein Verständnis bezogen auf das ausgetauschte Thema, die Situation, das Ereignis.
Somit ist das Feedback eine Möglichkeit eines Abgleichs zwischen der Eigen- und der Fremdwahrnehmung und dient der Transparenz zwischen dem Geber und dem Nehmer.
Diese Transparenz ist notwendig, um Lösungswege innerhalb eines Systems zu entwickeln, wenn Veränderungen anstehen.
Feedback und Haltung
Die Voraussetzung für ein konstruktives Feedback sind Regeln, an denen sich ein Feedback orientiert, wenn der Entwicklungsprozess und/oder das Coaching zielorientiert sein soll.
Diese Regeln werden unterschiedlich benannt und beschrieben, hier zusammenfassend als W – W – W – Regel: 4
1. W-ahrnehmung
Schildern der Wahrnehmung, Verzicht auf Bewertungen und Formulierungen in der „Ich-Form“:
– „Ich habe beobachtet ….“
– „Mir ist aufgefallen, dass …“
2. W-irkung
Schildern der Gefühle und Reaktionen des Zuhörenden, in der „Ich-Formulierung“:
– „Ich empfinde das als …“
– „Ich fühle mich dabei …“
– „Ich reagiere darauf …“
3. W-unsch
Äußern eines konkreten Wunsches an den Zuhörenden:
– „Ich möchte, dass in Zukunft …“
– „Ich wünsche mir von dir …“
– „Ich wünsche mir für dich, dass… „
Ergänzend zu diesen WWW-Regeln, die das Vorgehen und den Ablauf beschreiben, ist die Haltung des Feedback-Gebenden sowie des Feedback-Nehmenden von Bedeutung.
Die Beteiligten schildern ihre Wahrnehmung und die daraus resultierende Wirkung aus Sicht ihrer individuellen Wirklichkeit innerhalb des Systems, in dem das Feedback stattfindet.
Im Verlauf des Feedbacks entsteht die Möglichkeit, die Wirklichkeit der Beteiligten zu erfahren und die eigene Wirklichkeit deutlich zu machen.
Darauf aufbauend besteht die Chance, einen „blinden Fleck“ zu erkennen, also Merkmale der Persönlichkeit, die sich der eigenen Wahrnehmung entziehen, im Umfeld aber durchaus bekannt sind.
Dies geschieht, indem der Feedback-Gebende seine Wahrnehmung gegenüber dem -Nehmenden schildert.
Ein respektvoller, wertschätzender, zugewandter, offener Umgang zwischen Feedback-Gebendem und -Nehmendem ermöglichen, dass ein Feedback angenommen wird und einen Entwicklungsprozess in Gang setzt.
Somit sei ein Feedback ein
„Geschenk für den Anderen“ 5.
Diese Merkmale der inneren und äußeren Haltung machen ein Feedback gewinnbringend und konstruktiv:
Ich bin o.k. – Du bist o.k. – innere Haltung und Lebenseinstellung
Ein Feedback betrifft nicht die Persönlichkeit, sondern das Verhalten einer Person.
Als Grundlage für dieses subjektive und zugleich konstruktive Feedback ist die erlernbare Haltung „Ich bin ok – Du bist ok„.
Der Feedback-Gebende trifft diese Entscheidung zu dieser Haltung immer wieder und bewusst, um einen konstruktiven und effektiven Prozess der Entwicklung aufrecht zu erhalten.
Besonders in Konfliktgesprächen ist es von Bedeutung, dem Feedback-Nehmenden diese innere Haltung zu signalisieren.
Quellen bis hierher
3 vgl. Radatz, Sonja, Beratung ohne Ratschläge, 2018, S. 62-64
4 vgl. Skript „Systemische Coachingausbildung“ – InKonstellation, Seite 68
5 Manfred Wagner, Modul 5 Konflikte – Ausbildung Systemisches Coaching, Mai 2022