Abschlussarbeit von Désireé Modic, als PDF lesen
Einleitung und Motivation
Warum habe ich mich für eine systemische Coaching Ausbildung entschieden?
Für mich haben sowohl meine private & persönliche Motivation als auch berufliche Gründe in meiner Funktion als Projekt- bzw. Teamleiterin mit Führungsverantwortung eine Rolle gespielt.
Meine persönliche Motivation, dass ich Menschen generell gerne bei für sie herausfordernden Themen begleite und mit ihnen neue Perspektiven eröffne, möchte ich hier nicht näher betrachten, sondern mich insbosondere auf die berufliche Perspektive fokussieren.
Seit der Übernahme von Führungsverantwortung als Projektleiterin habe ich festgestellt, dass ich meinen eigenen Führungsstil für mich stets (weiter)entwickeln sollte und möchte.
Dies ist für mich aus verschiedenen Gründen der Fall, aber insbesondere auch deshalb, weil alle Menschen unterschiedlich sind, sie nehmen ihre Umwelt unterschiedlich war bzw. jeder konstruiert sich seine Wirklichkeit selbst (Watzlawick, 1976, 25.Aufl.1999), (Watzlawick, 1981, 6.Aufl. 1990 ).
In den folgenden Abschnitten möchte ich mich auf einige ausgewählte Methoden und Modelle fokussieren, die mich als Projektleiterin und meinen Führungsstil beeinflusst und weiterentwickelt haben.
Übersicht Methoden
Insgesamt haben mich sehr viel mehr Modelle und Methoden bereichert, ich möchte mich hier jedoch auf folgende fokussieren:
▪ Allgemeine Methoden & Modelle v.a. in Bezug auf die Haltung
▪ Verschiedene für mich hilfreiche Fragearten
▪ Modelle zur Nutzung in einer Zusammenarbeitsbeziehung
(u.a. auch bei Konflikten)
Allgemeine bzw. Haltungs-Modelle
Für mich sind der bewusste Einsatz der Methoden & Modelle „Aktives Zuhören, Doppeln & Spiegeln, Wertschätzung und Konstruktivismus“ mittlerweile ein noch zentralerer Bestandteil meiner Kommunikation und Interaktion mit meinen Projektmitgliedern und Kollegen geworden.
Als erstes möchte ich auf das Aktive Zuhören eingehen: das ist jedem sicher schon mehr als einmal passiert – man führt ein Gespräch, ohne richtig hin zu hören, was der andere eigentlich sagt, sondern bereitet bspw. schon seine eigene Antwort auf das Gesagte vor.
Für mich habe ich während der Ausbildung noch einmal sehr deutlich mitgenommen, dass aber gerade das dem anderen wirklich richtig & unvoreingenommen Zuhören genau das ist, was für den anderen so wichtig und Grundlage für einen guten Kontakt ist.
Ich setze Aktives Zuhören in sehr vielen verschiedenen Projektsituationen ein, mittlerweile jedoch noch wesentlich bewusster in den 1-zu-1 Gesprächen mit meinen Projektmitarbeitern.
Ich nutze es außerdem in Kombination mit dem Spiegeln und Doppeln, d.h. ich fasse das Gesagte noch einmal zum Abgleich in meinen eigenen Worten zusammen bzw. ergänze (wenn die Situation passend ist), um z.B. meinem Gegenüber zu zeigen, dass ich wirklich verstanden habe, worum es ihm geht.
Außerdem ist Wertschätzung für die Sichtweise des anderen, auf Basis des Konstruktivismus noch stärker in meinen Fokus gerückt.
Der Leitgedanke des Konstruktivismus ist, dass Individuen basierend auf ihren Wahrnehmungen eine subjektive Realität erzeugen, die u.a. von der individuellen Prägung des Individuums abhängt (Watzlawick, 1976, 25.Aufl.1999), (Watzlawick, 1981, 6.Aufl. 1990 ).
D.h. jeder nimmt seine Umwelt anders war und hat seine eigene Sicht auf die Dinge.
Diese Veränderung in Bezug auf ein noch bewussteres Eingehen auf mein Gegenüber bzw. eine veränderte Haltung ist auch meinem Team aufgefallen.
In unserem halbjährigen, anonymen Feedback bekam ich u.a. folgende Rückmeldungen vor vier Wochen:
▪ „My project manager was very open to my new ideas and was very interested in how I saw the things throughout the last weeks of the project“
▪ „I felt much appreciated as project team member as Desiree always took the time to listen to topics from my point of view”
Hilfreiche Fragetechniken
Im nächsten Abschnitt möchte ich gerne auf eine weitere Methode eingehen – verschiedene für mich hilfreiche Fragetechniken.
Generell habe ich während der Ausbildung noch einmal für mich mitgenommen, dass offene Fragen sehr sinnvoll und hilfreich sind, da sie den Bezugsrahmen erweitern, zusätzliche Informationen liefern (über das Gefragte hinaus) und den Dialog fördern.
Im Folgenden möchte ich v.a. auf drei Fragtechniken eingehen:
▪ Zirkuläre Fragen
▪ Skalierungsfragen
▪ Metaphern(-Fragen)
Bei der zirkulären Frage geht es darum, einen Perspektivwechsel beim Gegenüber zu erzeugen (man bezieht z.B. die Kollegen- oder Kundensicht mit ein) und damit neue Sicht- und Handlungsoptionen offen zu legen.
Wenn es in der Situation passend ist, kombiniere ich die zirkuläre Frage auch mit einer hypothetischen Frage.
Dadurch unterstütze ich mein Gegenüber dabei, für sich neue Denkräume zu eröffnen bzw. den Fokus zu erweitern und sich zumindest theoretisch auf neue Wirklichkeiten einzulassen, da es erst einmal nur ein Gedankenexperiment ist.
Mit dieser Frageart habe ich mit meinem Team z.B. in Situationen gearbeitet, wenn es darum ging, komplexe Themen bzw. solche mit vielen Schnittstellen zu lösen.
V.a. sich in andere Projektmitglieder mit unterschiedlichen Interessen und Bedürfnissen hinein zu versetzen und zu verstehen, wie sich Themen und Probleme aus deren Sicht anfühlen bzw. aussehen, hat damit sehr gut funktioniert und zu einer umfassenderen Klärung und Lösungsfindung beigetragen.
Eine weitere für mich wichtige Fragetechnik ist die Skalierungsfrage (Skala von 0 oder 1 bis 10).
Folgende grobe Schritte sollten hier berücksichtigt werden:
▪ Zuerst werden die beiden Skalenenden benannt, die jeweils anzeigen „100% Problem“ auf der einen Seite und „100% Lösung“ auf der anderen (die Begriffe der Skalenenden sollten passend zum Thema vom Gegenüber gewählt werden)
▪ Dann erfolgt eine Einordung, wo jemand konkret in Bezug auf ein bestimmtes Thema bzw. Problem steht und was das für ihn konkret bedeutet
▪ Danach gilt es, ein Verständnis zu bekommen, was für den Gegenüber eine gute Lösung wäre (ist es wirklich eine 10 oder würde eine 7, 8 oder 9 auch schon ausreichen – wenn 10 die 100% Lösung wäre)
Skalierungsfragen nutzen wir im Team oder ich einzeln mit meinen Teammitgliedern z.B. dafür, gegenseitig zu beschreiben, wo konkret wir in Bezug auf ein Problem stehen, was es für uns bedeutet und was für uns eine gute Lösung wäre, bzw. was konkret dann anders wäre & anders gemacht werden würde.
Dies hilft uns im Team ein gemeinsames Problem- und Lösungsverständnis zu bekommen und ein Verständnis dafür, was der einzelne braucht.
Als letzte Frageart möchte ich hier noch die Metaphern-Frage erwähnen.
Auch wenn ich diese Frageart bis jetzt noch nicht häufig eingesetzt habe, habe ich sie als ein sehr mächtiges Instrument erlebt, wenn ich sie eingesetzt habe.
Ich habe festgestellt, dass ich selbst und auch Teile meines Teams sehr in Bildern denken (hier sehe ich auch eine für mich sehr sinnvolle Einsatzmöglichkeit in meinem Arbeitsumfeld: wenn Menschen stark in Bilder denken und Bilder nutzen, um ihre Gedanken und Gefühle zu beschreiben).
Mit einem meiner Teammitglieder habe ich die Metaphern-Frage dafür genutzt, um ein schon länger bestehendes Problem zu beschreiben, das dieses Teammitglied hatte.
Der Kollege hat das Bild eines sich im Bau befindlichen Hauses gewählt – und so konnte er das Problem einerseits externalisieren, weil er es als etwas Abstraktes beschrieben hat aber gleichzeitig auch seine Gefühlswelt mit einbeziehen.
Wir sind dann gemeinsam durch das Haus gegangen und haben uns angeschaut, welche Teile noch nicht fertig sind und was es noch braucht, um diese fertigzustellen.
Dies hat ihm dabei geholfen, für sich zu verstehen, wie für ihn eine gute Lösung des schon länger bestehenden Problems aussehen könnte, das er vorher nicht lösen konnte.