für Auftragsklärung und Zielfindung
Abschlussarbeit von Christian Bender als PDF lesen
Einleitung
Im Folgenden lesen Sie eine Hausarbeit, die Bestandteil der Ausbildung zum systemischen Coach ist. Es kann entweder ein konkretes Coaching dokumentiert werden, ein Thema zusammengefasst oder auch erarbeitet werden.
Ich habe das Thema Auftragsklärung und Zielfindung im Coaching mit der Methode Coaching Haus gewählt weil mir diese Methode bedeutsam und wichtig erscheint.
Auftragsklärung und Zielbestimmung stellen einen Teil im Coaching Prozess dar und sind für das Ergebnis im Sinne des Klienten wesentlich.
Wenn sich Coach und Klient vor dem Coaching kaum oder auch gar nicht kennen, ist gerade zu Beginn Vertrauen sehr wichtig. Dieses Vertrauen erarbeitet sich der Coach nicht zuletzt durch „Kontakt“, „Haltung“ und „Demut“.
Was bedeutet das?
Es bedeutet, dass der Coach ganz bei seinem Klienten ist, diesem mit Respekt und Wertschätzung aber auch Neugier begegnet.
Es bedeutet auch, dass der Coach allparteilich ist und in keiner Weise den Klienten, sein „Thema“ oder auch sein Verhalten bewertet.
Auch gibt sich der Coach alle Mühe, in der Grundhaltung des „Nicht-Wissens“ zu bleiben.
Dadurch soll vermieden werden, (meist gut gemeinte) Ratschläge und Beratung dem Klienten zukommen zu lassen.
Der zuletzt beschriebene Punkt ist aus zwei Gründen wichtig:
- In der vergleichsweise kurzen Phase des Coachings kann es dem Coach unmöglich gelingen, mehr als nur einen kleinen Auszug der erlebten Realität von Thema und Problemstellung des Klienten zu erhalten oder auch dieses zu verstehen.
- Möglicherweise beschäftigt das „Thema“ den Klienten schon lange und intensiv.
Sollte es dem Coach durch Können oder auch nur durch Zufall gelingen, das „Thema“ schnell und vollständig zu durchdringen und gemeinsam eine Lösung zu erarbeiten, so würde dem Klienten seine eigene „Problemlösungskompetenz“ und die Selbstwirksamkeit als sehr schlecht und unzureichend erscheinen.
Er wäre dadurch enttäuscht, möglicherweise ergeben sich daraus weit mehr Probleme als nur die Enttäuschung.
Aufbau Coaching Haus
Ablauf „Coaching Haus“
A)
Der Klient startet mit seinem Thema, dass er heute gemeinsam mit dem Coach bearbeiten möchte oder das ihn hierher geführt hat.
Nicht selten ist das Thema im Verlauf des Coachings oder am Ende ein ganz anderes als zu Beginn und muss erst durch eine tiefer gehende Analyse erarbeitet werden.
Möglicherweise ist es dem Klienten zu Beginn auf zwischenmenschlicher Ebene noch zu früh für so weitreichendes Vertrauen, vielleicht hat er sein eigenes Thema auch noch nicht so klar für sich selbst wie es dann im gemeinsamen Prozess mit dem Coach exploriert wird.
In beiden Fällen kann durch die Methode des Coaching Haus ein Thema in den Raum gegeben werden.
Die Methode lässt unterschiedliche Ebenen der Reflektion zu.
B)
Beim zweiten Schritt beschreibt der Klient das Organigramm, welche Personen involviert sind und in welchem Umfeld / Rahmen/ System das Thema auftritt.
Wo steht der Klient?
Möglicherweise lässt der Coach den Klienten dieses Organigramm aufmalen und für sich selbst und den Coach nimmt es so eine greifbare Gestalt an.
C)
Im nächsten Schritt der konkreten Situationsbeschreibung soll der Klient die Situation möglichst greifbar wiedergeben.
Dies ist verbindlich und besser für den Coach verständlich.
Es hilft aber oft auch, das Bild klar für den Klienten selbst darzustellen.
Es wird beispielsweise gefragt, in welchen Situationen das Problem bislang aufgetreten ist und ob es bestimmte Situationen gibt in denen es immer wieder auftritt.
D)
Über die dann folgende Gefühlsbeschreibung sollte der Klient ins Erleben und Fühlen kommen.
Wenn er zu Beginn noch aus dem Kopf heraus das Thema gewählt hat, abgewogen hat, ob es in den Rahmen passt und wie weit er sich öffnen möchte, so soll durch das Fühlen und Erleben Zugang zu eigenen unbewussten Anteilen gefunden werden.
Diese unbewussten Anteile in uns bestimmen in erheblichem Maße unser eigenes Bild von der Umwelt und auch den Umgang mit uns selbst und der Umwelt.
Der Klient sollte mindestens drei Gefühle beschreiben können.
E)
Idealerweise endet die Exploration mit einem greifbaren Ziel.
Dieses benannte Ziel entsteht vor allem durch die konkrete Situationsbeschreibung und die empfundenen Gefühle.
Nicht selten ist es ein anderes als in Raum A) zu Beginn.
Nutzen der Methode
Der Nutzen dieser Methode liegt klar in seiner Struktur und Klarheit, gleichzeitig aber auch in der Flexibilität.
Der Coach und der Klient müssen sich nicht zwanghaft einem Punkt oder Raum festhalten, sie können die Räume wechseln und jederzeit auch in die anderen Räume zurückgehen. Es bietet sich an, die Exploration anhand dieses Modells auch in den folgenden Coachings vorzunehmen.
Dabei kann das Ziel variieren und auch aktuelle Entwicklungen in einer gewissen Leichtigkeit in den Coaching Prozess einbezogen werden.
Erlebnisse aus der Praxisanwendung
Umgang mit Überraschungen / komplexen Themen:
Während des Coachings erlebt der Coach, wie weit er im Coaching den Klienten ins „Fühlen bringen kann und möchte“.
Was meine ich damit?
In zwei Fällen meiner selbst durchgeführten Coachings hatte der Klient auch ein therapeutisches Thema und hatte deshalb bereits die Entscheidung zu einer therapeutischen Behandlung getroffen oder sich bereits behandeln lassen, dies allerdings nicht gleich zu Beginn mitgeteilt.
Je nach Offenheit des Klienten oder auch nach Standort/Fortschritt im Coaching Prozess taucht ein solcher Kontext früher oder später auf.
In Themen und Kontexten die auf der internationalen ICD 10 Liste zu finden sind, verbietet sich ein Coaching ohne therapeutische Erfahrung und Ausbildung.
Der Umgang mit solchen Kontexten wurde uns in der Ausbildung vermittelt, die Erfahrung dies selbst zu erleben hatte für mich persönlich eine ganz andere Qualität.
In beiden Fällen ist es im Rahmen der Auftragsklärung aufgetaucht und ich hatte die Methode des Coaching Hauses eingesetzt.
In einem solchen Falle erschienen mir zwei Aspekte aus unserer Ausbildung:
Achte darauf, dass es Dir als Coach auch gut geht und wie wohl Du Dich selbst mit einer Situation fühlst.
Der zweite und noch wichtigere Aspekt war die erlernte Achtsamkeit, inwieweit, ich den Prozess steuere und den Klienten auch ins Fühlen und Erleben bringen kann und möchte.
Im ersten Falle habe ich das Coaching sofort höflich und respektvoll abgebrochen. Im zweiten Falle habe ich es vermieden, den Klienten ins Fühlen zu bringen.
Ein emotionaler Gefühlsausbruch, die dann folgende Information zu einem therapeutischen Kontext der gerade in Klärung ist und das damit verbundene Vertrauen haben mich persönlich berührt. Gleichzeitig habe ich einen enormen Respekt vor diesem sehr persönlichen Erleben des Klienten.
Ich habe daraufhin den Klienten respektvoll an meinen Gedanken teilhaben lassen und ihn in seiner Entscheidung, einen Therapeuten aufzusuchen bestärkt. Der Klient hatte aus meiner Sicht einige starke Ressourcen, die sein eingangs in „Raum a)“ genanntes Thema für ihn gut in den Griff zu bekommen sind.
Er selbst war sehr überrascht, dass wir später gemeinsam bei einem ganz anderen Thema ausgekommen waren.
Meine eigene Intuition sagt mir, dass ich dem Klienten gegenüber positiv und offen war, dass er mit einem Lächeln und einer empfundenen positiven Sicht aus dem Coaching herausgegangen ist und ich mich wohl damit fühlte, nicht Gefühle und Emotionen heraufzuholen, die in meiner erlebten Achtsamkeit nicht in unseren Kontext passten, das Coaching in letzter Konsequenz mit Respekt sofort zu beenden.
Mir war wichtig, hier keine Experimente mit dem Klienten zu machen, sondern ihm mit Kontakt, Haltung und Demut zu begegnen wie ich es in der Ausbildung gelernt habe.