Angewandte Hypnotherapie

nach Milton Erickson und Dr. Gunther Schmidt

Abschlussarbeit von Nadine Schierer, als PDF lesen


Einführung in die Hypnotherapie

Aufgegriffen wurde die Hypnose als ernst zu nehmende therapeutische Form vor allem in den Siebziger jahren durch Milton Erickson.

Bedingt durch seine eigene Krankheit und Leidensweg machte er es zur Aufgabe, Menschen genau zu beobachten. Seinem trainierten Auge entging weder die kleinste Bewegung, Mimik noch die minimalste Hautfarbenveränderung (Trainingstools).

Milton H. Erickson gilt als der einflussreichste Hypnotherapeut unserer Zeit.

Er nutzte teils sehr unkonventionelle Methoden. Andere Therapeuten schlugen die Hände über dem Kopf zusammen, wenn sie davon hörten.

Er scheute es nicht, Tabus zu durchbrechen. Ein wichtiges Element seiner Therapie waren seine Lehrgeschichten/Anekdoten, mit denen er seine Patienten auf der bewussten wie auch auf der unbewussten Ebene ihres Geistes beeinflusste.

Die Lehrgeschichten orientieren sich an uralten Vorbildern, wie zum Beispiel Märchen, biblische Erzählungen und Volksmythen.

Sie sind außergewöhnliche Beispiele für die Kunst der Beeinflussung. Er überraschte, verwirrte, schockierte durch verblüffende Fragen, Wortspiele und humorvolle Bemerkungen und gab ihnen indirekt viele positive Suggestionen.

Er führte auch nicht explizit in den hypnotischen Zustand, sondern webte seine Suggestionen fast unbemerkt in ein scheinbar alltägliches Gespräch ein.

Erickson war auf bemerkenswerte Weise Heiler als auch Poet und Wissenschaftler, es bleibt schwierig, seine Arbeit zu beschreiben. Obwohl es Mitschriften seiner zahlreichen Seminare gibt, kann das geschriebene Wort nur schwer wiedergeben, wie gezielt er durch Stimme, Tonfall, Pausen, ein Lächeln, durchdringende Blicke seine Erzählungen unterstrich.

Trance ist nach Erickson ein natürlicher Zustand, in dem Lernen und die Bereitschaft zur Veränderung am wahrscheinlichsten auftreten.

In diesen Sitzungen werden die Patienten weder betäubt, noch verlieren sie die Kontrolle über sich. Erickson vergleicht diesen Zustand mit einem Tagtraum oder einer Meditation.

Im Trancezustand verstehen Patienten oft intuitiv die Bedeutung von eigenen Träumen, Symbolen und anderen unbewussten Ausdrucksformen und akzeptieren die Anregungen des Hypnotherapeuten mit verringertem kritischen Verstand.

Wenn aber diese Vorschläge mit den Wertvorstellungen des Patienten kollidieren, werden sie nicht oder nur vorübergehend angenommen (Die Lehrgeschichten von Milton H. Erickson)

Wesentliche Techniken von Milton Erickson

Sich einstellen auf sein Gegenüber

Erickson geht davon aus, das die Veränderung des Klienten nur durch ihn selbst erfolgen kann.

Deshalb passt er alle Interventionen dem Weltbild des Klienten an. Ausgangspunkt für ihn sind die Wertvorstellungen, die Interessen, Motivation, Überzeugungen, das Verhalten und der sprachliche Stil des Klienten. Ist dieser erste Schritt, der Rapport, geschafft und das Vertrauen zwischen ihm und dem Klienten entstanden, dann kann er beginnen.

Desweiteren interessiert sich Erickson auch nicht für Symptom, sondern vielmehr für Zeitpunkt, Frequenz und den Kontext, in dem es auftritt. Hier liegt für ihn die Chance der Veränderung.

Das Symptom selbst ist seiner Meinung nach austauschbar.

Metapher und Anekdoten

Erickson arbeitete viel mit Anekdoten, sprang von einem Thema zum anderen und war davon überzeugt, dass sein Gegenüber die richtigen Schlüsse daraus ziehen würde.

Durch diese Verwirrungstechnik hoffte er, würden seine Klienten abschalten.

Mit dem Ausschalten des bewussten Zuhörens fällt der Klient in eine Trance, die es ihm ermöglicht, die Metaphern unbewusst zu entschlüsseln.

Durch diesen Moment der Verwirrung können eingefahrene Denkmuster destabilisiert werden. Neue Möglichkeiten und Lösungen entstehen. Bemerkten die Klienten die eingebauten Analogien, wechselte er blitzschnell das Thema, denn er wollte explizit nicht mit Einsichten und Bewusstmachung arbeiten.

Suggestionen, also Impulse für Veränderungspotenziale der Klienten, sollen möglichst beiläufig formuliert werden, damit sie wenig Widerstand beim Klienten auslösen und in erster Linie vom Unbewussten aufgenommen werden. Kritische Denkgewohnheiten werden so umgangen.

2.3 Utilisation

Utilisation = “alles nutzen, was hilft!

Erickson versuchte, die Ressourcen aus den klientenspezifischen Persönlichkeitseigenschaften, Fähigkeiten und Lebenserfahrungen zu nutzen.

Alles, was der Klient mitbrachte, war für ihn interessant. Der Einsatz der Utilisation bedarf einer enormen Einstellungsfähigkeit, eines schnellen Reaktionsvermögens und ein hohes Maß an Kreativität.

Beispiel hierfür:

Ein Patient mittleren Alters erklärte deutlich, er sei nicht hypnotisierbar und orientiere sich immer an den tatsächlichen Dingen, wie dem Stuhl und dem Tisch, die er vor sich sähe.

Erickson bat ihn, seine derzeitige Realität weiter zu beschreiben und der Mann beschrieb den kompletten Behandlungsraum.

Diese Beschreibung ergänzte Erickson zunächst mit realen sichtbaren Dingen, löste seine Ergänzungen nach und nach stärker von äußerlich wahrnehmbaren Dingen ab und führte die Konzentration des Mannes langsam auf innere Prozesse, bis er ihn in Trance vorfand.

Was der Klient mitbringt, wird in einer Art genutzt, die Neues ermöglicht.

Ungewöhnliche Aufgaben

Einer großen Berühmtheit erfreuten sich auch die Prüfungen, die Erickson seinen Patienten auferlegte. Auf seinen Rat hin haben viele Klienten den “Squaw Peak” erklommen, einen Berg bei Phoenix, wo Erickson praktizierte.

Sein übergeordnetes Ziel dieser Aufgaben war es, dass Klienten neue, meist ungewöhnliche Erfahrungen sammelten, um alte Muster zu durchbrechen.

Es dauerte ca. eine Stunde, bis man den ca. 300 Meter hohen Berg auf einem steinigen Weg erklommen hat. Von oben erschloss sich den Patienten eine ganz andere Weltsicht und die eigenen Probleme fühlten sich dadurch auch anders an.

Beispiel hierfür:

Einst kam ein Mann, der Alkoholiker war und selbst aus einer Alkoholfamilie stammte zu Erickson. Seine Eltern und sein Bruder waren seit langer Zeit abhängig.

Er hypnotisierte den jungen Mann und trug ihm auf, sich in den Botanischen Garten ins Kakteenhaus zu setzen und zu beobachten, wie die Kakteen es schaffen, monatelang ohne etwas zu trinken auszukommen.

Der junge Mann gehorchte und wurde von seiner Sucht befreit.

Minimale Veränderungen

Erickson versuchte immer, an den Stellen Veränderungen herbeizuführen, an denen sie am leichtesten umsetzbar sind.

Für ihn wiesen bereits die kleinsten Veränderungen einen großen Effekt auf. Eine geringfügige Veränderung an einer strategisch richtigen Stelle kann das Gebäude der Problemerhaltung erschüttern und eine Neuorganisation herbeiführen.

Den eigenen Ausdruck variieren

Erickson veränderte das eigene sprachliche und körpersprachliche Verhalten bei jedem Patienten und wusste genau, welche Mimik und welchen Ausdruck er in einer bestimmten Situation hatte.

Ziel war es für ihn, sein eigenes sprachliches und nonverbales Verhalten dem Gegenüber exakt anzupassen.


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