Abschlussarbeit von Patricia Nasser, als PDF lesen
Talent gewinnt Spiele, aber Teamwork und Intelligenz gewinnen Meisterschaften.
Michael Jordan
Einleitung
Eine Gruppe von Menschen mit vollkommen unterschiedlichen Charakterzügen, Wertevorstellungen, Empathiefähigkeit und Konfliktlösungspotential kommt zusammen und arbeitet gemeinsam an einem Ziel – das Ganze geschieht entweder nach dem Motto
Toll Endlich Alle Miteinander
oder
Toll Ein Anderer Machts
(GPM, 2019: 738)
Die Teamentwicklung ist ein wichtiger Schritt, um gemeinsam in den Flow zu kommen, selbstorganisiert und autark dieses Ziel zu erreichen.
Gegenstand dieser Abschlussarbeit ist die agile Teamentwicklung und wie der gezielte Einsatz agiler Methoden diese Entwicklung in den unterschiedlichen Teamphasen unterstützend begleiten und befähigen kann.
Dabei stehen die Teamphasen nach Tuckman im Fokus, die gerade im agilen Umfeld starke Bedeutung erlangt haben.
Das Bewusstsein, dass alle Teams diese unterschiedlichen Phasen im Laufe der Entwicklung durchleben, erleichtert die Begleitung und die Befähigung von Teams.
Es ist das Ziel dieser Ausarbeitung genau dieses Bewusstsein über die unterschiedlichen Teamentwicklungsphasen zu schulen und einen Auszug agiler Methoden und Tools zu vermitteln, die bei der Unterstützung und Begleitung von Teams erfolgreich einsetzbar sind.
Zunächst dienen Kapitel 3 und 4 der kurzen Einführung in das Thema Agilität.
Was bedeutet Agilität,
was genau steckt hinter dem mittlerweile so häufig verwendeten Begriff
und was sind die agilen Werte und Prinzipien?
Als wertvolle Orientierung in der Teamentwicklung werden in Kapitel 5 die Teamphasen nach Bruce Tuckman grundlegend beschrieben, erläutert und mittels praktischer Ideen zur Unterstützung in der jeweiligen Phase untermauert. In Kapitel 6 werden einige Methoden und Meetings aus dem agilen Umfeld geschildert und deren Einsatz näher erörtert. Die Arbeit endet in Kapitel 7 mit einem entsprechenden Fazit.
Einführung in die Welt der Agilität
Sind wir nicht alle ein bisschen VUCA?
VUCA ist ein Akronym.
Es beschreibt die schwierigen Bedingungen, denen Unternehmen in der heutigen hochkomplexen, digitalen und dynamischen Arbeitswelt gegenüberstehen.
Jeder Buchstabe steht für den Anfangsbuchstaben eines Wortes, welcher einem wichtigen begleitenden Zustand bzw. einer Herausforderung entsprechen:
▪ Volatility/Volatilität
Die immer größer werdende Veränderungsgeschwindigkeit unserer Umwelt
▪ Uncertainity/Unsicherheit
Die Unvorhersehbarkeit disruptive Veränderungen und Störungen
▪ Complexity/Komplexität
Die Herausforderungen in der heutigen Welt werden immer komplexer
▪ Ambiguity/Mehrdeutigkeit
Best Practice Strategien sind kein Garant mehr für gute Entscheidungen
Bisher war und ist es häufig noch in vielen Unternehmen üblich, Teams klassisch, hierarchisch zu führen. Projekte sind meist geprägt von starren Hierarchien, Regeln und Strukturen und entsprechend abzuwickeln.
Arbeitet ein Projektteam in einem solch klassisch-hierarchisch organisierten Projekt, werden zum Beispiel die Anforderungen über Monate hinweg in einem Lastenheft gesammelt und nach und nach in ein Gantt-Chart eingetragen.
Steht das Team vor einem unvorhergesehenen Ereignis, wie zum Beispiel der aktuellen Corona Pandemie, wird allen Beteiligten schnell klar, dass ein solches Vorgehen und die damit verbundenen klassischen Methoden wenig Raum für Veränderungen und ad hoc Anpassungen an die neue Situation zulassen.
Für zahlreiche Teams & Teammitglieder ist es somit nahezu unmöglich, schnell und flexibel auf die Pandemieereignisse zu reagieren – sie stagnieren oder scheitern.
Wieso ist das so?
Die Realität zeigt, dass Teams, welche ein gemeinsames Ziel verfolgen, dies vorzugsweise auf direktem Wege erreichen wollen.
Jedoch stehen sie nicht selten unterschiedlichsten Rahmenbedingungen und Umständen gegenüber, die diesen gewünschten direkten Weg erschweren. Wenn Teams nicht in der Lage sind auf diese äußeren Umstände zu reagieren, kommen sie häufig nicht weiter.
Wie können Teams erfolgreich dabei unterstützt werden, auf genau solche äußeren Umstände entsprechend flexibel zu reagieren?
Und wie können Sie ein Bewusstsein für den Erfolg durch das Erreichen kleinerer Zwischenziele erhalten und sich somit stark und autark auf das GesamtProduktziel zubewegen?
Während sich Unternehmen mit der Beantwortung dieser Frage beschäftigen, stoßen sie bei ihrer Recherche nicht zuletzt auf „Agilität“.
Agil zu arbeiten ist hipp und fancy.
Jeder macht das doch heutzutage so, oder etwa nicht?
Nicht selten wird in einem Unternehmen die Idee geweckt, man müsse doch jetzt auch mal agil arbeiten.
Da wird der Projektleiter schnell zum Product Owner, das Projektteam zum Entwicklerteam und die Rolle des Scrum Masters fällt gern weg – die ist doch bestimmt nicht so wichtig und kann eingespart werden.
Doch die Erfahrung zeigt: Es reicht nicht aus, nur agil zu arbeiten.
Es ist wichtig, „agil zu sein“, das agile Mindset und das Wertesystem mit den verbundenen Prinzipien zu verinnerlichen und sich Schritt für Schritt in Richtung Agilität zu entwickeln.
Ansonsten gilt auch hier – ein großes unvorhergesehenes Ereignis, und das Team wird in die Knie gezwungen, kommt ins straucheln und scheitert.
Das Agile Manifest – Werte und Prinzipen des agilen Arbeitens
Agile Kontexte basieren auf einem agilen Wertesystem, zu dem eine Feedback-Kultur, Lernen aus Fehlern und hohe Transparenz gehören
(Sieroux, Rook, Wolf, 2020: 35)
Ein wichtiger, erster Schritt ist das Bewusstsein darüber, dass agiles Arbeiten gelebt werden muss. Dahinter steckt ein Wertesystem; das Mitarbeiter leben und Leader sogar aktiv vorleben müssen.
Gepaart ist es mit einer großen Portion Authentizität, frei nach dem Motto „Sagen, was man denkt. Tun, was man sagt“ (Sieroux, Rook, Wolf, 2020: 35).
Das Agile Manifest als gemeinsame Basis der agilen Methoden vereint genau dieses agile Wertesystem.
Es wurde 2001 unter anderem von Kent Beck, Ken Schwaber, Jeff Sutherland und Alistair Cockburn unter dem Namen „Manifesto for Agile Software Development“ entwickelt. Es beinhaltet vier Kernaussagen (Werte) und 12 Prinzipien, die sich über die Jahre entwickeln haben.
Die folgenden vier Kernaussagen liegen dem Agilen Manifest zugrunde: (übersetzte Version)
-
- Individuen und Interaktionen stehen über Prozessen und Werkzeugen
- Funktionierende Software steht über umfassender Dokumentation
- Zusammenarbeit mit dem Kunden steht über der Vertragsverhandlung
- Eingehen auf Veränderung steht über dem Befolgen eines Plans
Im weiteren Verlauf des Agilen Manifests werden die oben genannten Kernaussagen in 12 Prinzipien genauer ausgeführt. (übersetzte Version)