Innerbetrieblichen Prozessveränderungen

mit der 6-W Lean Six Sigma Methode

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Begriffserklärung

Best Practice
Die Best Practice identifiziert den sichersten, qualitativ hochwertigsten, effektivsten und effizientesten Weg, einen bestimmten Prozess durchzuführen.

Change Management
Das Einbeziehen aller Beteiligten in eine umfassende, bereichsübergreifende Veränderung zur Umsetzung neuer Strategien, Prozesse und Verhaltensweisen.

Lean
Das Lean-Management („schlankes Management“) ist ein Ansatz zur Prozessoptimierung, bei dem Verschwendungen minimiert und Prozesse standardisiert werden.

3 Mus
Japanische Wörter welche im Rahmen des ToyotaProduktionssystems mit Prozessveränderung in Verbindung gebracht wurden.

Muda = Verschwendung
Mura = Unausgeglichenheit
Muri = Überlastung

6-W-Methode
Die 6-W-Methode bietet einen vorgegebenen Rahmen für die Beschreibung von Problemen und Aufgabenstellungen mit verschiedenen Nachfrageebenen zur Detailklärung.

Six Sigma
Six Sigma ist ein systematisches Vorgehen zur Prozessverbesserung unter Anwendung analytischer und statistischer Methoden.

Abgrenzung

Diese Arbeit betrachtet den Prozess auf der Ebene des Subsystems im betrieblichen Umfeld. Das behandelte Thema wird auf diese Betrachtungsebene eingegrenzt. Der Fokus wird auf die innere Haltung des Coaches gelegt, da sonst der Umfang der Arbeit überschritten wird. Die Arbeit beinhaltet keine wissenschaftlichen Befragungen und wurde aus vorhandenen Quellen, eigenen Wissen und Internetrecherche erstellt.

Meine Motivation – warum dieses Thema:

Die Haltung des systemischen Coachings und die damit verbundene Wertschätzung, die dem Einzelnen und im betrieblichen Umfeld auch dem bestehenden Prozess entgegengebracht wird, kann entscheidend zur erfolgreichen Umsetzung von Veränderungen beitragen. Der aufmerksame und wertschätzende Kontakt als Basis kann so Möglichkeiten im Veränderungsprozess schaffen, die ohne diese Haltung auf Ablehnung von Personen und Organisationen stoßen würden. Diese Arbeit widmet sich dem Herausarbeiten des Gewinns, der durch die innere Haltung des Coaches in Veränderungsprozessen entsteht, wobei die innerbetriebliche, effizienzbezogene Prozessänderung mit Hilfe der 6-W-Methode des Lean-Managements gestaltet wird.

Einleitung und Grundlegung

„Nichts ist so beständig wie der Wandel“
Heraklit von Ephesos um 500 v. Chr.

Der Wandel, wirkt von außen betrachtet als spannender Prozess. Veränderungen im betrieblichen Umfeld können im Change Management in diversen Formen auftreten. Dies können zum Beispiel personelle Umstrukturierungen, Vorgesetztenwechsel, Aufgabenwechsel, neue Maschinen oder ein anderer Arbeitsablauf als bisher gewohnt sein. Beteiligte Personen nehmen die Zeit des Wandels selten als spannende und positiv aufregende Zeit der neu zu setzenden Parameter wahr. Vielmehr wird dem ungewohnten Umfeld, der als unsicher wahrgenommenen Situation mit Skepsis, Ablehnung, Sorge oder gar Angst begegnet. Angst davor, dass die eigene bekannte Position, die eigene Rolle, durch von außen aufgesetzte Best Practices nicht wie gewohnt wahrgenommen werden kann.

Im Arbeitsumfeld wird ein professionelles Auftreten häufig mit Emotionslosigkeit gleichgesetzt und doch sind es gerade die Emotionen, die das tägliche Handeln prägen. Ob Mitarbeiter, Führungskräfte oder Geschäftsführer und Vorstände, jeder hat seine „eigene Art“, handelt in seiner eigenen Realität, auf eine Weise, die ihm als klar und nachvollziehbar erscheint. Veränderungsprozesse sorgen auf allen Ebenen zu einer Konfrontation mit anderen, von außen oder von oben vorgegebenen Realitäten. In betrieblichen Veränderungsprozessen fällt oft der Satz „das fühlt sich nicht gut an“. Dieses Bauchgefühl basiert auf Intuition und auf Erfahrungen. Es kann zu berechtigten, wie zu unberechtigten Einwänden führen. Diese Emotion nicht zu würdigen, kann in der letzten Eskalation den neuen Prozess komplett ablehnen und so zu dessen Scheitern beitragen. Dieses wird nicht selten begleitet mit dem Kommentar: „Hab ich doch direkt gewusst, dass das nicht funktionieren wird.“ Klienten in Veränderungsprozessen im betrieblichen Umfeld mit innerer Haltung, Wertschätzung und aufmerksam zuhörend zu begleiten, können entscheidende Faktoren zur erfolgreichen Umsetzung der Veränderung sein.

Wie im einleitenden Zitat beschrieben, ist Wandel kein Vorgang der in unserer Zeit geschaffen wurde, oder welcher mit der Industrialisierung, der Renaissance oder gar zu Zeiten der germanischen Völkerwanderung aufkam. Was aber kann der Coach im betrieblichen Umfeld mit seiner Haltung bewirken und welche Methoden stehen dabei zur Verfügung? In den Fokus möchte ich an dieser Stelle das Transaktionsmodell mit der „Ich-bin-ok-Du-bist-ok“ Haltung in Verbindung mit der Ursachenanalyse des Lean-Prozesses mit Hilfe der „6 W“-Methode bringen.

Systemisches Arbeiten im Unternehmensumfeld

Wo befinde ich mich, wenn ich mich auf ein Subsystem im Unternehmensumfeld beziehe? Die uns in den vergangenen Monaten gelehrte Definition zielt auf die im Kontext stehende Abhängigkeit der einzelnen Teile des Systems. „Ein System besteht immer aus voneinander abhängigen und sich gegenseitig beeinflussenden Einzelteilen, die gemeinsam ein ganzes ergeben. Daraus entsteht eine zusammenhängende Einheit, die sich von allen, außerhalb des Systems liegenden Dingen, abgrenzen lässt. Durch das Zusammenwirken aller Teile des Systems, wird das Verhalten des jeweiligen Systems bestimmt“ (Quelle: InKonstellation, Skript zur Ausbildung zum systemischen Coach, Modul 1, Kapitel 1.1, 2. Absatz)

Dass die Veränderungen im betrieblichen Umfeld im Subsystem durch Änderung des Status Quo einen Einfluss auf das betrachtete System und das SuperSystem haben, ist Personen, die eine Rolle im Subsystem einnehmen, nicht immer bewusst. Der Coach agiert in diesem Prozess als Dienstleister, der mittels Haltung und Prozesswissen die beteiligten Personen begleitet und ihnen ihre Handlungswirksamkeit im Gesamtkontext ermöglicht. Die als unbeeinflussbar wahrgenommene Rolle im Subsystem kann so mit Hilfe der Emotionen, die durch den Veränderungsprozess hervorgerufen werden, in Einklang gebracht werden.

Der Coach als Begleiter im Veränderungsprozess

Als Begleiter des Veränderungsprozesses sieht der Coach im Klienten den Experten für die Lösung. Die bewusste Haltung des Nichtwissens ermöglicht dem Coach, gerade im geführten Prozess der 6-W-Methode, einen wertschätzenden Austausch und die Handlungsfähigkeit des Klienten.

Die 6-W-Methode mit den gezielten, nicht umzuformulierenden Fragen erscheint im Widerspruch zur offenen, neutralen Haltung des Coaches zu stehen.

Wer?Was?Wo?
Wer macht es?
Wer macht es wirklich?
Wer kann es noch machen?
Wer sollte es machen?
Wer macht die 3 Mus?
Was ist zu machen?
Was wird gemacht?
Was sollte gemacht werden?
Was kann noch gemacht werden?
Was sollte noch gemacht werden?
Was der 3 Mus wird gemacht?
Wo wird es gemacht?
Wo wird es wirklich gemacht?
Wo sollte es gemacht werden?
Wo kann es noch gemacht werden?
Wo sollte es noch gemacht werden?
Wo werden die 3 Mus gemacht?
Wann?Warum?Wie?
Wann ist es zu machen?
Wann wird es gemacht?
Wann sollte es gemacht werden?
Wann kann es noch gemacht werden?
Wann sollte es gemacht werden?
Wann werden die 3 Mus gemacht?
Warum machen Sie / machst Du es?
Warum macht man es?
Warum macht man es dort?
Warum macht man es dann?
Warum macht man es auch diese Art?
Warum werden die 3 Mus gemacht?
Wie machst Du / machen Sie es?
Wie wir es gemacht?
Wie kann es gemacht werden?
Kann diese Methode in anderen Bereichen genutzt werden?
Gibt es einen anderen Weg die zu machen?
Gibt es 3 Mus in dieser Methode?

Quelle:Masaki Imai, Kaizen page 235, Appendix C

Wie kann man diese zum Teil als intrusiv wahrgenommen Fragen mit der Haltung des Coachings verknüpfen? Bei der Auseinandersetzung mit dieser Frage drängte sich das Transaktionsmodell geradezu auf.

Das Transaktionsmodell

Die im OK-OK-Modell klar ersichtliche Gleichwertigkeit ist ein klarer und nachvollziehbarer Schlüssel zur erfolgreichen Umsetzung in der Kommunikation.

Die systemische Haltung unterstützt mit dieser Methode die konstruktive Nutzung der vorhandenen Ressourcen des Klienten. Die damit verbundene Wertschätzung, die dem Klienten entgegengebracht wird, weicht von der üblichen Beraterrolle, mit denen die Klienten im betrieblichen Umfeld öfters konfrontiert werden und welche sich in der Position der Überlegenheit befindet, klar ab. Menschen, Mitarbeiter denen mit der „Ich-bin-OK – Du-bist-OK“ Haltung begegnet wird, sind im betrieblichen Umfeld häufig überrascht, dass sie und ihr Können wahrgenommen und sie nicht nur als Befehlsempfänger und ausführende Personen gesehen werden.

Die systemische Haltung, welche auch die Emotionen und Wahrnehmungen des Klienten erfragt und diese als Teil der Lösung betrachtet, ermöglicht dem Klienten ein selbstständiges Handeln in den zugegeben manchmal engen Vorgaben im Unternehmenskontext. So kann der Klient den Veränderungsprozess im engen Rahmen als selbstbestimmt wahrnehmen.

Geschieht dies immer reibungslos?

Schlecht wirkt sich an dieser Stelle aus, wenn die „Ich-bin-OK – Du-bist-OK“ Haltung des Coaches als nicht authentisch wahrgenommen wird.

Der Coach bemüht sich daher, diese Haltung bewusst einzunehmen, nicht nur im betrieblichen Umfeld, sondern JEDERZEIT. Nur so ist ihm möglich, den Klienten auch bei emotionaler Belastung in die Handlungsfähigkeit zu begleiten.

Was hilft mir als Coach dabei?

Nicht-Wissen als Haltung

Auch dies erscheint in betrieblichen Veränderungsprozessen ein Widerspruch zu sein, doch hilft gerade diese Haltung, die in der Einleitung erwähnte Emotion des Mitarbeiters im Veränderungsprozess zu würdigen. Nicht Wissen soll nicht den Eindruck vermitteln, dass der Coach nicht weiß was zu tun ist. Der auf der Basis der Gleichwertigkeit der Gesprächspartner ge- führte Austausch erkennt den Klienten als Experte für die Lösungsfindung an. Dies geschieht bei gleichwertiger Positionierung des Coaches als Kompetenz für den Veränderungsprozess und für das Systemwissen. Der Coach gibt im Gespräch die Leitplanken vor, in denen sich der Klient, der Mitarbeiter entfalten kann. Der Mitarbeiter wird auf diese Weise in seiner eigenen Kompetenz unterstützt.

Vorbereitung

Es gilt den Klienten nicht nur mit dem 6-W Fragebogen zu konfrontieren. Das Gespräch sollte inhaltlich, wie räumlich vorbereitet sein. Dies zeugt, ebenso wie die Wortwahl im Gespräch, von einer sorgfältigen Haltung gegenüber dem Klienten. Aktives Zuhören mit Spiegelung und Reframing der Aussagen des Gesprächspartners als Methoden im Kontakt mit dem Klienten, können diesem helfen, seine Emotionen einzuordnen und im Idealfall die Intervention der 6-W-Methode losgelöst von der eigenen Person zu betrachten. An dieser Stelle ist der Grad des Coaches zwischen Helfer des Klienten und übergestülpter Prozessglocke im betrieblichen Umfeld ein sehr schmaler. Die demütige Haltung des Coaches gegenüber dem Klienten ist, meiner Meinung nach, an dieser Stelle die einzig weiterführende Option.

Meine Gedanken

Diese Arbeit fokussiert sich auf den Veränderungsprozess im betrieblichen Umfeld mit Hilfe eines sehr geführten Fragestandards. Ich möchte mit der aufmerksam-wertschätzenden Haltung als systemischer Coach den Menschen, der nicht immer freiwillig zu mir kommt, im Mittelpunkt wissen. Klienten im betrieblichen Veränderungsprozess befinden sich eher selten selbstgewählt in dieser Position. Durch meine persönlichen Erfahrungen in den Jahren 2018 und 2019, ist es mir ein sehr großes Anliegen, Klienten – seien es Vorgesetzte, Mitarbeiter oder private Personen, durch diese Zeit der Unsicherheit aufmerksam und wertschätzend zu begleiten. Persönlich habe ich das Wort „Demut“, welches uns im zweiten Modul nahe gebracht wurde, als prägend für die Haltung des Coaches angenommen. Als Coach, gerade im betrieblichen Umfeld, ist es mein Ziel die Klienten in den stark ergebnisorientierten Veränderungsprozessen als Menschen nicht aus den Augen zu verlieren und Ihnen zu helfen, die Situation erfolgreich zu bewältigen.

Ich möchte mich an dieser Stelle bei allen Trainern und meinem Mitauszubildenden für die lehrreichen Monate bedanken.


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