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Einleitung
In dieser Abschlussarbeit beschreibe ich die Beantwortung einer offenen Frage einer Klientin mit Hilfe des inneren Teams.
Nach der Auftragsklärung und Zielformulierung erkläre ich, wie es zu dieser Intervention komme, beschreibe den Prozess und nehme den Abschluss Coachings vor.
Hintergrund
Akquise
Die Klientin ist über Freunde auf mich aufmerksam geworden und hat sich bei mir gemeldet, um einen Coaching Termin auszumachen. Vorab haben wir ein erstes Telefon geführt, um herauszufinden, ob die Chemie stimmt und um das Thema grob zu skizzieren.
Auf Basis dieses Telefonats hat sich ein Termin für ein Coaching ergeben.
Coachee
Die Klientin Frau K. ist eine 35 jährige Frau, die als Architektin in Stuttgart arbeitet. Sie hat sich vor einem halben Jahr von ihrem Freund getrennt und ist aus der gemeinsamen Wohnung ausgezogen.
Coaching Prozess
Auftragsklärung
Was ist das Anliegen? Was verspricht sich Frau K. vom heutigen Termin?
Frau K. stellt sich nach ihrer Trennung die Frage, was der Auslöser dafür ist, dass sie die Bedürfnisse des Partners über die eigenen stellt. Die Beziehung hat sie beendet, da sie ihre eigenen Bedürfnisse derer ihres Partners unterordnet.
Dadurch verliere sie sich selbst.
Wenn ihr das bewusst wird, entferne sie sich von ihrem Partner und verlässt die Beziehung. Diese Mechanik ist zum dritten Mal so eingetreten, wodurch sie sich mit dem Grund auseinander setzen will, um das in zukünftigen Beziehungen zu vermeiden.
Sie sei eigentlich eine mutige Frau, die für sich einsteht und wisse, was sie will. In Beziehungen jedoch sei es, als nähme eine innere Stimme in ihrem Inneren die Kontrolle und bestimmt die Regeln.
Welche Schritte hat sie bis dato unternommen?
Sie hat sich Stunden für eine Therapeutin verschreiben lassen, die sie auf dem Weg zur Entscheidung der Trennung unterstützt hat. Diese hat ihr nach der Trennung empfohlen, sich weiterhin mit sich selbst auseinander zu setzen, um dieses Muster in Zukunft zu unterbrechen.
Um hier frischen Wind in den neuen Start zu bringen, würde sie gerne zu einem Coach gehen und eine neue Person kennenlernen, die daran mit ihr arbeitet.
In welchen Situationen tritt das Thema auf? Gibt es andere Personen, bei denen sie ihre Bedürfnisse unterordnet?
Am schlimmsten fällt es ihr in Partnerschaften auf. Wenn sie tiefer in sich geht, wird ihr bewusst, dass es auch bei ihrer Familie ein Thema ist, dass sie sich selbst zurück nimmt, damit andere Leute glücklich sind und sie niemandem im Weg steht.
Gibt es Personen, bei denen Frau K. das nicht empfindet, bei denen ihre und die Bedürfnisse der anderen gleichwertig sind?
Ihren guten Freunden kann sie alles ohne schlechtes Gewissen sagen und ihre Bedürfnisse kommunizieren ohne Angst, dass diese sich abwenden.
„Hier kann ich ich sein und werde nicht von anderen Gedanken in mir bevormundet“.
Zielformulierung
Warum stelle ich in einer Beziehung meinen Partner über mich?
Die Klientin möchte wissen, warum sie sich in Beziehungen unterordnet. Sie empfindet das Wissen um den Grund als essentiell, um schließlich in der nächsten potentiellen Beziehung klar ihre Bedürfnisse zu kommunizieren.
Auf einer Skala von 0 bis 10, auf der die 10 für die absolute Erreichung des Zielzustandes steht, ordnet sie sich aktuell auf einer 1 ein. Ihr Zielwert ist eine 8 und fortbewegen möchte sie sich in 1,5er Schritten. Da sie gerade durch die schmerzhafte Trennung für sich selbst so eingestanden ist, möchte sie den Rückenwind für eine schnelle Fortbewegung auf der Skala nutzen.
Den Zielzustand kann sie sich nicht wirklich vorstellen, weil es sich verboten anfühlt. Ein innerer Anteil stünde ihr im Weg.
Intervention: Inneres Team
Ich habe die Hypothese, dass der Glaubenssatz nur geliebt zu werden, wenn sie sich unterordnet, vorliegt.
Aufgrund ihrer Erklärungen zu inneren Stimmen und des inneren Anteils, der ihr im Weg steht, bietet sich das Modell vom Inneren Team von Schulz von Thun1 als Intervention an.
Dieses Modell eignet sich dazu, dem Klienten die eigenen inneren Anteile bewusst zu machen und innere Widersprüche zu verstehen und zu regulieren.
Der Klient soll erkennen und spüren, dass er das Oberhaupt des Teams ist und mit jedem Anteil reden und verhandeln kann.
Die Idee der Intervention wird der Klientin erklärt und der Prozess grob beschrieben.
Zunächst schreiben wir die konkrete Fragestellung auf, da wir das innere Team zu dieser Frage sprechen lassen wollen. Die Teammitglieder bzw. Seelen oder Stimmen variieren je nach Frage und Kontext.
Kontext
Die einzige Person, die sie sich in Bezug auf diese Fragestellung anschauen möchte, ist ihr Ex-Partner Frank.
Wir zeichnen ihn auf und beschreiben die wichtigsten Eigenschaften, die ihr zu ihm in den Sinn kommen.
Das innere Team
Ich erkläre ihr, dass wir zunächst sie als Person aufmalen und in ihrer Brust viel Platz haben, um alle Herzen bzw. Teammitglieder zu hören und aufzunehmen.
Die erste Person, die ich für sie aufmale, soll ganz rechts stehen und fast die Hälfte der Brust einnehmen.
Ich frage konkreter nach, welches Geschlecht und welchen Gesichtsausdruck sie hat. In diesem Moment sieht man deutlich, wie emotional Frau K. wird.
Sie ist selbst überrascht, wie klar sie die Person beschreiben kann. Sie tauft ihn „Den Angleicher“.
Er ist männlich, schaut streng und hat eine Sichel in der Hand. Seine Botschaft kann sie ohne Zögern nennen
„Du musst den Vorstellungen der anderen entsprechen“
Sie schaut ihn lange an und ist schockiert über seine Existenz. Die nächste Person ist „die Harmoniebedürftige“ mit verschränkten Armen, einem offenen, warnenden Mund mit der Botschaft
„Gleich dich lieber an, bevor du Stress bekommst“
Auch wenn sie „dem Angleicher“ ähnelt, soll sie eine eigene Person darstellen.
Hinzu kommt „Die Rebellin“, die die Arme hochreißt, einen offenen Mund hat und ein Herz als Symbol erhält. Sie ruft
„Du machst, worauf du Bock hast“
Direkt neben ihr steht ein kleines männliches Kind, das das Symbol einer Schokolade erhält. Das Kind steht glücklich neben der Rebellin und sagt
„Ich bin gut so wie ich bin!“
Frau K. ist überrascht das ganze Team in der Aufstellung vor sich zu haben. Sie schimpft über die Existenz „des Angleichers“.
Um alle ihre Anteile zu würdigen und ihr dabei helfen, diese anzunehmen, werden im nächsten Prozessschritt alle Personen angesprochen und gewürdigt.
Auch wenn es zunächst befremdlich für sie ist, den beiden rechten Personen zu danken, fallen ihr zu beiden Situationen ein, in der sie sehr hilfreich waren.
„Der Angleicher“ hat dafür gesorgt, dass sie sich in vielen Situationen so gut integrieren konnte und gemocht wird.
Die Harmoniebedürftige sorgt dafür, dass viele Leute sich in ihrer Gegenwart wohlfühlen.
Bei den beiden linken Anteilen fühlt sie nur positive, warme Emotionen und bedankt sich, dass die beiden da sind und durchhalten.
1Schulz von Thun, F.: Miteinander Reden: 3. Das „Innere Team“ und situationsgerechte Kommunikation, Reinbeck 1998.
https://www.schulz-von-thun.de/die-modelle/das-innere-team (02.08.2021)