Coaching in der Personalentwicklung

Chancen und Nebenwirkungen

Abschlussarbeit von Valesca Blau, als PDF lesen


Einleitung

Coaching ist ein klassisches Personalentwicklungsinstrument und kann in vielen Bereich der Entwicklungsarbeit im Unternehmen hilfreich eingesetzt werden.

Auch ist mit dem veränderten Rollenverständnis heutiger Personalfachkräfte als „Business Partner“ Coaching Kompetenz im Geschäftsumfeld häufig gefragt.

Mitarbeiter*innen, Führungskräfte und Geschäftsleitungsmitglieder können durch die professionelle Anwendung von Coachingmethoden auf dem Weg zu einer eigenen Lösungsfindung bestärkt werden.

Coaching ist somit Hilfe zur Selbstentwicklung – auch und gerade in Unternehmen.

Aber hat Coaching tatsächlich immer diesen positiven Ruf?

Wenn ja, dürfte sich ein systemischer Coach im Unternehmenskontext kaum mehr vor Anfragen für ein Coaching retten können.

Und wie sieht es in der Praxis häufig aus?

Anders. In vielen Unternehmen liegt Coaching ein „problembehafteter“ Auslöser zu Grunde.

Die Führungskraft führt nicht richtig oder zeigt nicht das gewünschte Verhalten?

Dann lassen wir ihn doch coachen. Ganz getreu dem Motto „vielleicht bekommen wir ihn so irgendwie hin und das Problem gelöst…“.

Je öfter Coaching im Unternehmen in dieser Art eingesetzt wird, umso herausfordernder wird es, das große Potenzial und die eigentlichen Einsatzmöglichkeiten aufzuzeigen und in der Unternehmenskultur zu verankern.

Coaching als fördernde Zuwendung – nicht als Makel.

Diese Arbeit soll dazu beitragen die unterschiedlichen Einsatzfelder von Coaching in der Personalentwicklung und ihren Mehrwert aufzuzeigen, sowie auch mögliche Herausforderungen im unternehmerischen Kontext.

Wofür Coaching in der Personalentwicklung?

Personalentwicklung hat zum Ziel, Nachwuchskräfte für ein Unternehmen zu gewinnen und diese so wie auch bestehende Mitarbeiter*innen nach strategischen Zielen bestmöglich auszubilden, weiterzubilden, und in ihrer Entwicklung im Unternehmen zu fördern, um größtmögliches Potenzial entfalten und zielgenau einsetzen zu können.

Dies ermöglicht einem Unternehmen langfristig erfolgreich zu sein – mit den richtigen Mitarbeiter*innen im richtigen Job.

Wobei „richtig“ in diesem Zusammenhang die Passung von Potenzialanforderung und tatsächlich vorhandenem Potenzial bedeutet.

Und hier sind wir auch schon mitten im Coaching:

Es gilt Potenziale und Lösungen im Klienten zu heben und zu fördern. Das macht es für die Personalentwicklung als Instrument so wertvoll.

Unterschiedliche Anlässe für Coaching in der Personalentwicklung

Wie in der Einleitung kurz angedeutet ist einer der häufigsten Anlässe für einen Coaching-Prozess eine Problemstellung im Unternehmenskontext.

Die Führungskraft führt nicht so wie sie sollte.

Der Vertriebsleiter kommt mit dem Entwicklungsleiter nicht zurecht.

Mitarbeiter*in XY erreicht seine/ihre Ziele nicht.

Die Schichtmannschaft ist komplett untereinander zerstritten und kann nicht mehr ordentlich miteinander arbeiten.

Solche Themen und viele mehr kommen tagtäglich in Unternehmen vor und werden immer häufiger mit einem Coaching als Lösungsmöglichkeit versehen.

Doch daneben gibt es noch einige andere Anlässe für einen Coaching-Prozess, die sich mindestens ebenso gut anbieten.

Entwicklungscoaching von Potenzialträgern sei als ein Beispiel genannt. Viele Menschen stehen am Anfang ihrer beruflichen Laufbahn im Unternehmen vor großen Herausforderungen:

Wie soll ich allen Anforderungen gerecht werden?

Wie kann und möchte ich mich weiterentwickeln?

Welche Möglichkeiten gäbe es im Unternehmen?

Wo liegen meine Stärken und Schwächen im beruflichen Alltag?

Wie sehen mich die Kollegen?

Wieso stoße ich bei XY immer wieder auf Widerstand?

Dies nur als ein Auszug an Fragestellungen, mit denen sich Berufseinsteiger*innen in Unternehmen oftmals konfrontiert fühlen. Eine Coaching- Möglichkeit ist hier oftmals Goldwert.

Auch aus Sicht des Unternehmens gibt es berechtigtes Interesse junge Potenzialträger zu fördern: Coaching ermöglicht es, die besten Optionen für den Klienten und die Organisation herauszufinden und nachhaltig zu verfolgen.

Resultat: Zufriedenheit im Job für den/die Mitarbeiter*in – Erfolg für das Unternehmen durch maximale Potenzialnutzung und Talentbindung.

Auch Orientierungscoaching kann für jüngere Zielgruppen von großem Interesse und Mehrwert im Unternehmen sein.

Beispiele hierfür sind Auszubildende, die im Rahmen ihrer Ausbildung Einsatz in unterschiedlichen Arbeitsbereichen finden und sich Richtung Ausbildungsende entscheiden müssen, wo sie sich langfristig mit ihren Interessen und Fähigkeiten sehen.

Die Eindrücke sind dabei oftmals so vielfältig und die Persönlichkeit noch in der Findungsphase, dass eine Entscheidung schwerfällt und ein Coaching zur angeleiteten Erarbeitung der Zielfunktion sehr hilfreich sein kann – auch hier wieder sowohl für den/die Klient*in als auch für das Unternehmen.

Ein klassischeres Einsatzgebiet – aber auch immer wiederkehrend hilfreich – ist das Konfliktcoaching.

Insbesondere in größeren Unternehmen treffen so viele diverse Anforderungen und Persönlichkeiten mit ihren jeweiligen Wirklichkeitskonstruktionen aufeinander, dass es unweigerlich immer wieder zu Konflikten kommt.

Im besten Fall können diese beigelegt oder gar positiv genutzt werden, anderenfalls kann ein Coaching-Prozess helfen festgefahrene Strukturen zu lockern und durch Erweiterung der Perspektiven einen Blick fürs Gegenüber und seine Ansichten sowie ins eigene Unterbewusstsein zu schaffen – der erste Schritt in Richtung positiver Konfliktlösung.

Eine Kombination aus Einzel- und Teamcoaching ermöglicht es sogar häufig ganze Abteilungen oder Schichten wieder arbeitsfähig und produktiv werden zu lassen.

Coaching – strategisch oder sporadisch?

Bei all den vielen Einsatzmöglichkeiten und Zielgruppen von Coaching im Unternehmen stellt sich im Personalentwicklungskontext häufig immer wieder dieselbe Frage:

Soll Coaching als strategisches Instrument regelmäßig zum Einsatz kommen oder dann doch eher sporadisch, wenn es gerade gebraucht wird?

Oftmals wird die Frage durch das zur Verfügung stehende Budget beantwortet. Coaching ist teuer und wird deshalb häufig nur in dringenden Fällen eingekauft. Getreu dem Motto: Ist der Leidensdruck groß genug, darf es auch was kosten.

Wenn es sich hierbei auch auf den ersten Eindruck um starke Überspitzung handeln mag, so ist in der Praxis oftmals die kostenintensive Coachingmaßnahme anderen Entwicklungsmaßnahmen (für die breite Masse) nachgestellt.

Das Potenzial und den Mehrwert eines guten Coachings und seine Ergebnisse für den/die Klient*in und das Unternehmen betrachtend, dürfte der Business Case für Coaching jedoch die ein oder andere Entwicklungsmaßnahme deutlich übertreffen.

Allerdings fällt die Kalkulation entsprechend schwer und somit ist die Frage, ob sich ein Unternehmen einen strategisch aufgestellten Coaching-Prozess „erlauben“ kann und möchte.

Könnten interne ausgebildete Coaches eine Lösung darstellen?

Internes Coaching – eine gute Idee?

Intern ausgebildete Coaches haben für ein Unternehmen vielerlei Mehrwerte.

Sie sind schnell abgreifbar, kennen das Unternehmen und seine Strukturen und kosten im Verhältnis zu extern beauftragten Coaches bis auf die einmaligen Kosten für die Ausbildung wenig.

Was spricht also dagegen, diesen Weg zu gehen und nicht wie die meisten Firmen regelmäßig für viel Geld Coaching-Expertise von außen einzukaufen?

Die Grundprinzipien des Coachings

Schauen wir uns hierzu einmal die Grundprinzipien des Coachings vor diesem Hintergrund an:

1. Respekt & Wertschätzung

Bei diesem Prinzip geht es darum, keinerlei Bewertung des Verhaltens seitens des Klienten vorzunehmen, sondern jedes Problemverhalten als nicht hilfreiche Lösungsstrategie des Klienten anzusehen. Der Klient versucht, sich in seinem Handlungsrahmen bestmöglich zu verhalten.

Hierbei kann es – vor dem Hintergrund, dass ein interner Coach den Klienten aus anderen Hintergründen kennt und möglicherweise selbst schwierige Erfahrungen mit ihm gemacht hat gegebenenfalls für den Coach schwieriger werden diese Haltung einzunehmen.

Auf der anderen Seite könnte auch der Klient Schwierigkeiten damit haben sich auf den Coaching-Prozess einzulassen und zu öffnen, aus Angst vor Verurteilung oder einer nicht neutralen Einschätzung gegenüber dem Coach. Die Hürden für die Umsetzung dieses Prinzips könnten somit auf beiden Seiten deutlich höher liegen als bei einem externen Coach.

2. Verschwiegenheit

Absolute Vertraulichkeit ist ein Muss im Coaching.

Die Grundvoraussetzung eines erfolgreichen Coaching-Prozesses ist eine vertrauliche Beziehung, in welcher der Klient bereit ist, sich vollständig zu öffnen und sich dem Coach anzuvertrauen. Der Coach braucht das Mandat vom Klienten, Seiten in ihm offenlegen zu dürfen, die er vielleicht selbst noch nicht gekannt hat.  Oder die ihm zumindest nicht bewusst waren.

Kurzum, der Coach kennt den Klienten später unter Umständen besser als viele andere in seinem Umfeld.

Auch hier ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass der Klient Befürchtungen haben könnte, dass Themen aus dem Coaching und zu seiner Persönlichkeit den geschützten Raum verlassen und in der Organisation bekannt werden.

Natürlich gibt es Möglichkeiten, diesen Ängsten entgegenzuwirken, in dem der Coach mit dem Klienten bspw. eine Verschwiegenheitsvereinbarung vereinbart, ob dadurch jedoch der Klient die gleiche Vertraulichkeit uneingeschränkt einschätzt wie bei einem externen Coach ist fraglich.

3. Verantwortung

Der Coach übernimmt die Verantwortung für die Prozesssteuerung, um einen Raum für die Selbstgestaltung und Lösungs- bzw. Ressourcenorientierung auf Seiten des Klienten zu schaffen.

Der Klient wiederum ist für das Ergebnis des Coaching-Prozesses verantwortlich. Die Lösung liegt immer in ihm selbst.

Bei diesem Prinzip dürfte es keine großen Unterschiede zwischen einem internen und einem externen Coach geben.

Denkbar ist ggf. eine Beeinflussung des Coaches für den Fall, dass er die Rahmenbedingungen (Arbeitssituation/ Unternehmensumfeld des Klienten) zu gut kennt und daher die Lösung vorgibt und/oder Verantwortung für das Ergebnis übernimmt.


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Männliche Bezeichnungen beziehen sich im Folgenden auf alle Geschlechter (m/w/x) und sind ausschließlich zur besseren Lesbarkeit nicht genderkonform.