Weg vom Kollegen zum Vorgesetzten

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Einleitung

Nehmen gleichberechtigte Kollegen eine neue Rolle als Vorgesetzter ein, so kann dies im bestehenden System, nur aufgrund von veränderten Verantwortlichkeiten, zu unterschiedlichen Problemen führen.

Diese Probleme können sich, je nach Unternehmen, in verschiedenen Konflikten zeigen.

Durch den Wechsel in die Führungsrolle befindet sich der neue Vorgesetzte grundsätzlich in einem Spannungsfeld sowohl zu ehemaligen Kollegen als auch zu neuen Vorgesetzten.

So könnten ehemalige Kollegen, die sich auch auf diese Position beworben haben, Neid entwickeln und die Zusammenarbeit mit dem neuen Vorgesetzten ablehnen.

Auch könnten sich kollegiale Freundschaften verändern, die dazu führen, dass Informationen zurückgehalten oder nur noch gefiltert weitergegeben werden.

Selbst für ehemalige Kollegen ist die Rolle des neuen Vorgesetzten ungewohnt und kann daher zu Unsicherheit im ihrem eigenen Verhalten führen.

Auch das Verhältnis zu ehemaligen Vorgesetzten, könnte durch fehlende Akzeptanz gestört sein.

Viele unterschiedliche Konflikte sind somit möglich, die das Verhältnis zwischen ehemaligen Kollegen und dem neue Vorgesetzten nachhaltig belasten könnten. Dies führt eventuell zu einer sinkenden Arbeitsmoral und Qualität der Arbeit.

Daher ist es wichtig, den neuen Vorgesetzten in der Rolle als Führungskraft zu begleiten und zu unterstützen.

Dies sollte gerade in der Anfangsphase, in der die neue Rolle eingenommen wird, geschehen, da das Teilsystem in dieser Phase den größten Veränderungen unterworfen ist. In dieser Phase kann die Führungskraft durch steigendende Akzeptanz und Klärung ihrer Rolle dieses System mitgestalten.

Die Methoden des systemischen Coachings unter der Leitung eines Coachs bieten eine Hilfestellung, um sich in der Rolle als Führungskraft besser zurechtzufinden. In der vorliegenden Arbeit werden einige Möglichkeiten aus dem systemischen Coaching aufgezeigt, wie ich als Vorgesetzter einer neuen Führungskraft, diese unterstütze, sich in der neuen Rolle einzufinden.

Hierzu zählen in erster Linie systemische Fragen und die Anwendung des inneren Teams. Diese Möglichkeiten habe ich im Rahmen regelmäßiger Mitarbeitergespräche mit der Führungskraft angewendet.

In dieser Arbeit soll die Problematik eines Coachings durch mich als Vorgesetzten nicht thematisiert werden, da unternehmerische Ziele bei der Entwicklung von Führungskräften immer eine Rolle spielen.

Vielmehr sollen durch die vorliegende Arbeit die erlernten Methoden aus dem Systemischen Coaching, die angewendet werden, um die Führungskraft in ihrer neuen Rolle zu unterstützen, beschrieben werden.

Kontakt aufbauen

In den regelmäßigen Mitarbeitergesprächen mit der angehenden Führungskraft, werden unter anderem Probleme in Bezug zu Führungsaufgaben angesprochen.

Einige dieser Probleme werden sicherlich auch auf der Sachebene gelöst.

Aber um eine Selbstreflexion der angehenden Führungskraft zu erreichen, den Perspektivwechsel zu ermöglichen und die Probleme im Kontext des Systems zu bewerten, wird zunächst versucht in den engeren Dialog mit der Führungskraft zu treten.

Hier hilft sicherlich der Ansatz des Konstruktivismus, dass jeder Mensch die Ereignisse für sich sowohl interpretiert als auch bewertet und sich daraus seine eigene Sicht auf die Dinge konstruiert.

Um in den Dialog mit der angehenden Führungskraft zu kommen, das Vertrauensverhältnis aufzubauen und die Bindung nachhaltig zu stärken wurden Methoden wie das aktive Zuhören, Pacing, Paraphrasieren und Spiegeln angewendet.

Hierdurch konnte ein Kontakt aufgebaut werden, der eine Selbstreflexion ermöglichte.

Zusätzlich war es notwendig aufgrund der begrenzten Zeit in den Mitarbeitergesprächen das Ziel des Gespräches in Form einer kurzen Auftragsklärung zu definieren.

Anwendungen systemischer Fragen

Mit inneren und äußeren Konflikten werden Führungskräfte immer konfrontiert.

Hier können systemische Fragen helfen, diese Konflikte zu erkennen und zu reflektieren.

Die Anwendung von systemischen Fragen in den Mitarbeitergesprächen dient nicht dazu das Verhalten der angehenden Führungskraft zu bewerten.

Vielmehr soll so die Führungskraft ihr eigenes Verhalten reflektieren lernen und es sollen neue Denkanstöße gegeben werden, um den eigenen Führungsstil zu erarbeiten.

Mit den systemischen Fragen werden die Stärken und Schwächen erarbeitet. Weiterhin können durch systemische Fragen die Anforderungen aus Sicht des Unternehmens spezifiziert werden, umso mehr Sicherheit in der Rolle als Führungskraft zu bekommen.

Hierzu zählen auch Fragen zur Klärung von Restriktionen, die in jedem Unternehmen auftreten.

Hierdurch werden auch problematische Situationen, die aus Restriktionen resultieren, thematisiert. Im Folgenden werden einige Fragearten, die in den Mitarbeitergesprächen verwendet wurden, beschrieben.

Zirkuläre Fragen

Durch zirkuläre Fragen kann ein Perspektivwechsel der Führungskraft auf die problematischen Situationen erreicht werden.

Hier werden nicht nur Sichtweisen von Personen aus dem  Unternehmen, wie Mitarbeiter oder Vorgesetzte berücksichtigt, sondern auch die Sichtweisen aus dem familiären und freundschaftlichen Umkreis.

Durch diese Fragen wird eine Distanz zu der eigenen Sichtweise geschaffen und somit andere Sichtweisen auf die problematische Situation ermöglicht.

Zu den gestellten Fragen zählen:

– Was würde eine Person, die Sie sehr als Führungskraft schätzen, in dieser Situation an Ihrer Stelle tun?

– Woran würden Ihr ehemaliger Kollege merken, dass Sie Ihre Führungsaufgaben zuverlässig wahrnehmen?

– Woran würde Ihr Vorgesetzter erkennen, dass Sie als Führungskraft akzeptiert sind? Wie würde er diese Situation bewerten?

– Was würde Ihre Frau über diese Situation denken?

Paradoxe Fragen

Damit problematische Situationen, unter anderem auch Konflikte, durch die angehende Führungskraft besser eingeschätzt werden können, bieten sich unter anderem paradoxe Fragen an.

Zum einen kann durch diese Fragen eine Relativierung der problematischen Situation erreicht werden.

Zum anderen können durch das Erkennen von Möglichkeiten die Situation zu verschlimmern, auch neue Lösungsansätze gefunden werden, um die Situation zu verbessern.

Folgende Fragen werden angewandt:

– Was müssten Sie tun, damit Ihre ehemaligen Kollegen bzw. Vorgesetzten denken, dass Sie eine wirklich schlechte Führungskraft werden?

– Was müssten Sie tun, um die angespannte Situation weiter eskalieren zu lassen?

– Was müssten passieren, damit Sie die Aufgabe als Führungskraft nicht mehr wahrnehmen wollen?

Skalierungsfragen

Mit Hilfe der Skalierungsfragen kann die angehende Führungskraft gestärkt werden, problematische Situationen besser einordnen zu können und eine Messbarkeit der Situation zu erreichen.

Diese Messbarkeit dient dazu, Fortschritte, Unterschiede zu anderen Problemen oder Veränderungen bei der Problemlösung zu erkennen.

Zu den Skalierungsfragen zählen:

– Wann erleben Sie sich als Führungskraft weniger stark?

– Wie würden Sie, auf einer Skala von 1 -10, Ihre derzeitige Akzeptanz als Führungskraft im Unternehmen einschätzen? Hierbei ist 10 das Höchste.

– Was können Sie tun, um einen Punkt auf der Skala nach oben zu kommen?

– Woran würden Sie merken, dass Sie bei einer 10 angekommen sind?

– Wie bewerten Sie Ihr momentanes Verhältnis zu den Mitarbeitern auf einer Skala von 1 bis 10? Hierbei ist 1 kein gutes Verhältnis.

– Wie ordnen Sie die Schwierigkeit der aktuellen Situation im Vergleich zu dem bereits Gelösten ein?


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